cron, hatte er sich schon vor dem ersten Weltkrieg einen Namen gemacht. 1911 erschien im Verlag Velhagen & Klasing sein Buch »Wilhelm Raabe" und 1927 sein Raabe-Lexikon. Überhaupt kann Spiero als der eigentliche Begründer und hauptsächliche Förderer der Wilhelm-Raabe-For- schung angesehen werden. Den Fontane- Freunden ist er vor allem durch seine mit warmer Anteilnahme geschriebene Biographie des märkischen Dichters bekannt, die unter dem Titel „Fontane" 1928 im Verlag A. Ziemsen, Wittenberg, erschien.
Im gleichen Jahr veröffentlichte der Verlag R. Oldenbourg, München—Berlin, seine Arbeit „Berlin in Geschichte und Kunst".
Als sich aber 1933 das Dunkel über das geistige Leben in Deutschland zu legen und durch die Nazis die barbarische Hetzjagd auf nichtarische und andersdenkende Mitmenschen begann, wurde auch seine schriftstellerische Tätigkeit, für ihn völlig unerwartet, unterbrochen.
Spiero war von unwandelbarer Liebe zu seinem deutschen Vaterland erfüllt, zu dessen Bild sein Christentum als etwas Selbstverständliches gehörte.
Nun sah er sich, wie viele andere, durch die Nürnberger Rassengesetze plötzlich in der Situation, daß der Wert eines Menschen von Stund an nach seiner rassischen Abstammung gemessen wurde. Er reihte sich zu den Leidensgenossen ein, bewußt seine christliche Religion betonend und sein Schicksal mit Zuversicht und. Ergebung hin- . nehmend. Der von ihm begründete Paulus-Bund, ein Verband nichtarischer Christen, versuchte. Bedürftigen mit Rat und Tat zur Seite zu stehen. Achtmal wurde Spiero von Hitlers Schergen verhaftet, aber immer wieder mußten sie ihn freilassen. Es spricht für diesen Mann, daß er nicht emigrierte, obwohl seine in New York lebende Tochter Ursula alle Wege zu einer dortigen Professur für ihn geebnet hatte. Spiero verblieb im faschistischen Deutschland, in Verwirklichung seines Glaubensbekenntnisses aktiv handelnd. Dabei hatte er den Mut, das, was er erlebt oder was ihm als Vorsitzenden des Paulus-Bundes vorgetragen wurde, in einem für seinen Privatgebrauch bestimmten und von ihm als „Schlaglichter aus dem Dritten Reich" be-. zeichneten Band niederzuschreiben. Noch vor seinem Tode, im Jahre 1947, vollendete Spiero sein Werk, „Die Geschichte des deutschen Romans". Es erschien 1950 bei Walter de Gruyter & Co. in Berlin.
Schließlich gilt es des 1970 verstorbenen Max Niderlechner zu gedenken, „ein wirklicher Antiquar, der in unserer Zeit nahezu unwirklich wirkte durch das Maß dessen, was er sich im Laufe seines Lebens erlesen und anerlebt hatte, von profunder Oberflächlichkeit, wie er über sich selbst scherzte". 35 Dieser „Oberflächlichkeit" ist ein Bericht zuzuschreiben, in dem Niderlechner über sich, Gerhard Schulze und andere ehemalige Mitglieder des Fontane-Abends und Bibliophilen Auskunft gibt, namentlich über den Geist, der diese bibliophilen Freunde beseelte. 30
Dr. Heinrich Spiero
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