40 Konzeptionen des Strategischen Personalmanagements
I Das Strategische Personalmanagement in der Phase der multiparadigmatischen Wissenschaft
Strategisches Personalmanagement(SPM) als Schnittstelle von allgemeiner Managementlehre(Strategisches Management) und Personalwirtschaftslehre(Personalmanagement) befindet sich in einem sehr frühen Stadium seiner Entwicklung. Typisch dafür ist, daß sich bislang noch keine einheitliche Terminologie, geschweige denn ein einheitliches Konzept hat durchsetzen können. Es liegen mehrere Ansätze des SPM vor, die sich in der Zielsetzung und Fragestellung, in der Wahl des Bezugsrahmens, in der theoretischen Fundierung und nach anderen Kriterien erheblich unterscheiden. In Anlehnung an Kuhns Entwicklungsschema der Wissenschaft! wird eine solche Phase als multi-paradigmatisch bezeichnet. Sie liegt zwischen dem Stadium der„vor paradigmatischen“ Wissenschaft(kein Paradigma vorhanden) und dem Stadium der„paradigmatischen“ oder„reifen“ Wissenschaft bzw. der„Normalwissenschaft“, in dem sich ein bestimmter Forschungsansatz eindeutig durchgesetzt hat. Die„Normalwissenschaft“ ist jene Phase, auf die sich das SPM nach Auffassung ihrer Vertreter langfristig hinbewegt.
Noch aber hat SPM diese Phase nicht erreicht, ist multiparadigmatisch. Für einzelne Kritiker ist selbst dieser Status zweifelhaft. So vergleicht z.B. Marr SPM mit des Kaisers neuen Kleidern in Andersens Märchen?:„Alle Menschen riefen: ‚Himmel, wie sind des Kaisers neue Kleider wundervoll geraten! Und wie gut ihm alles sitzt, wie angegossen.‘ Niemand aber wollte zugestehen, daß er nichts sehe, dann wäre er ja als ein Dummkopf erkannt worden oder als untauglich für sein Amt. Nur ein kleines Kind, das auch zuschaute, das rief mit einem Male ganz laut:„Aber er ist ja nackend, er hat ja überhaupt nichts an!“ Ob und wie SPM kleidet, ist im Augenblick schwierig zu entscheiden, da es das SPM in der multiparadigmatischen Entwicklungsphase nicht gibt und sich die verschiedenen Ansätze noch allesamt in der Erprobung befinden.
SPM ähnelt einem„Nachwuchsprodukt“ in einem Marktwachstum-Marktanteils-Portfolio. Es hat die Chance, ein„Starprodukt“ zu werden und das Risiko, nach kurzem Aufflackern als wissenschaftliche Modeerscheinung zur„lahmen Ente“ abzusacken. Damit SPM seine Chance nutzt, müssen u.a. die folgenden Voraussetzungen geschaffen werden:
präzise definierte Grundbegriffe des SPM
realistische Typen und Handlungsalternativen des SPM
empirisch prüfbare Hypothesen
bewährte Forschungsergebnise
Handlungsempfehlungen zur Einführung und Anwendung des SPM in der Unternehmenspraxis
Nachweis positiver Beiträge des SPM zur Erreichung der Unternehmensziele