70 Personalpolitik in Polen
Das System der sog. Nomenklatur bei der Wahl der Bewerber für leitende Stellen und die aus ihm resultierende Berufung der Führungskräfte, besonders der Betriebsdirektoren, durch Organe der zentralen Wirtschaftsverwaltung(wobei jedesmal eine Bestätigung seitens der Parteiinstanzen erfolgen muß) ist ein sehr kontroverses Problem seit dem Beginn der Einführung der Planwirtschaft in Polen. Das System der Nomenklatur wurde noch Ende der 40er Jahre zu einer der 3 Hauptsäulen des zentralisierten Systems der Planwirtschaft. Es wurde in Polen direktives Verteilungssystem genannt. Die übrigen zwei Säulen, von denen aus neben der Nomenklatur die Gestaltung des direktiven Verteilungssystems begann, sind: die zentrale obligatorische Verteilung von Rohstoffen und Materialien und die branchen- und wirtschaftszweigorientierte hierarchische Strukturierung der Volkswirtschaft. Es ist bisher nicht gelungen, diese drei Säulen stärker anzugreifen— trotz einiger Versuche, die Wirtschaft zu reformieren. Jeder Versuch, nach ihrer Aufhebung zu streben, erweckte raschen Widerspruch und Reaktionen seitens der Organe der Zentralen Verwaltung. Die Rolle der Nomenklatur bei leitenden Stellen bedeutete, daß der Betriebsdirektor„von oben“ berufen wurde— in der Regel vom Minister des Wirtschaftszweiges(der die Kompetenzen in diesem Bereich dem Generaldirektor der Vereinigung überweisen konnte), also von außerhalb des Betriebes. Oft wurde dabei nicht bei den übrigen Organen des Betriebs nach Zustimmung gefragt. Eventuell fragte man nur die betriebliche Parteiorganisation und die Gewerkschaften. Erst in der Folge der Einführung der Wirtschaftsreform in Polen seit dem Jahre 1982 ist es gelungen, dieses Prinzip anzugreifen. Die Voraussetzungen dieser Reform sehen nämlich auch die Erhöhung der betrieblichen Selbständigkeit in bezug auf die Personalpolitik — im Bereich der Berufung des Direktors— vor?. Die aktuelle Wirtschaftsreform in Polen ist auch auf die Aufhebung der zentralen Verteilung von Materialien gerichtet. Sie eliminiert Zwischenstufen der Leitung— Vereinigungen— und bringt die Möglichkeit mit sich, von dem Vorherrschen der hierarchischen Branchenstrukturen abzugehen.
Die grundsätzliche Änderung der Personalpolitik im Bereich der obersten Führungskräfte(Top Management) beruht auf der Einführung des Prinzips der Berufung des Direktors eines staatlichen Betriebes— die Grundthesen in der sozialistischen Wirtschaft sind— auf dem Wege der Ausschreibung und Bewerbung. Die Idee der Bewerbung um die Stellung des Direktors stieß am Anfang der Reform auf starken Widerstand seitens der Gegner der Verselbständigung der Betriebe und des verstärkten Einsatzes von Marktinstrumenten bei der Wirtschaftsleitung. Das resultierte vor allem aus Bedenken, daß die Marktorientierung, wie die meisten Reformanhänger vertreten haben, das„heilige“ Prinzip der Nomenklatur nicht beseitigt. Diese Orientierung könnte nämlich bewirken, daß die bisherigen Prinzipien der Vorgehensweise der Behörden und der Zentralorgane aufgehoben würden. Es ging insbesondere darum, daß das allgemeine Streben nach