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Humanität und Rationalität in Personalpolitik und Personalführung : Beiträge zum 60. Geburtstag von Ernst Zander / hrsg. von Helmut Glaubrecht und Dieter Wagner
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70 Personalpolitik in Polen

Das System der sog. Nomenklatur bei der Wahl der Bewerber für leitende Stellen und die aus ihm resultierende Berufung der Führungskräfte, besonders der Be­triebsdirektoren, durch Organe der zentralen Wirtschaftsverwaltung(wobei je­desmal eine Bestätigung seitens der Parteiinstanzen erfolgen muß) ist ein sehr kontroverses Problem seit dem Beginn der Einführung der Planwirtschaft in Po­len. Das System der Nomenklatur wurde noch Ende der 40er Jahre zu einer der 3 Hauptsäulen des zentralisierten Systems der Planwirtschaft. Es wurde in Polen direktives Verteilungssystem genannt. Die übrigen zwei Säulen, von denen aus neben der Nomenklatur die Gestaltung des direktiven Verteilungssystems be­gann, sind: die zentrale obligatorische Verteilung von Rohstoffen und Materia­lien und die branchen- und wirtschaftszweigorientierte hierarchische Strukturie­rung der Volkswirtschaft. Es ist bisher nicht gelungen, diese drei Säulen stärker anzugreifen trotz einiger Versuche, die Wirtschaft zu reformieren. Jeder Ver­such, nach ihrer Aufhebung zu streben, erweckte raschen Widerspruch und Re­aktionen seitens der Organe der Zentralen Verwaltung. Die Rolle der Nomenkla­tur bei leitenden Stellen bedeutete, daß der Betriebsdirektorvon oben berufen wurde in der Regel vom Minister des Wirtschaftszweiges(der die Kompeten­zen in diesem Bereich dem Generaldirektor der Vereinigung überweisen konnte), also von außerhalb des Betriebes. Oft wurde dabei nicht bei den übrigen Orga­nen des Betriebs nach Zustimmung gefragt. Eventuell fragte man nur die be­triebliche Parteiorganisation und die Gewerkschaften. Erst in der Folge der Ein­führung der Wirtschaftsreform in Polen seit dem Jahre 1982 ist es gelungen, die­ses Prinzip anzugreifen. Die Voraussetzungen dieser Reform sehen nämlich auch die Erhöhung der betrieblichen Selbständigkeit in bezug auf die Personalpolitik im Bereich der Berufung des Direktors vor?. Die aktuelle Wirtschaftsre­form in Polen ist auch auf die Aufhebung der zentralen Verteilung von Materia­lien gerichtet. Sie eliminiert Zwischenstufen der Leitung Vereinigungen und bringt die Möglichkeit mit sich, von dem Vorherrschen der hierarchischen Branchenstrukturen abzugehen.

Die grundsätzliche Änderung der Personalpolitik im Bereich der obersten Füh­rungskräfte(Top Management) beruht auf der Einführung des Prinzips der Be­rufung des Direktors eines staatlichen Betriebes die Grundthesen in der sozia­listischen Wirtschaft sind auf dem Wege der Ausschreibung und Bewerbung. Die Idee der Bewerbung um die Stellung des Direktors stieß am Anfang der Re­form auf starken Widerstand seitens der Gegner der Verselbständigung der Be­triebe und des verstärkten Einsatzes von Marktinstrumenten bei der Wirtschafts­leitung. Das resultierte vor allem aus Bedenken, daß die Marktorientierung, wie die meisten Reformanhänger vertreten haben, dasheilige Prinzip der Nomen­klatur nicht beseitigt. Diese Orientierung könnte nämlich bewirken, daß die bis­herigen Prinzipien der Vorgehensweise der Behörden und der Zentralorgane auf­gehoben würden. Es ging insbesondere darum, daß das allgemeine Streben nach