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Humanität und Rationalität in Personalpolitik und Personalführung : Beiträge zum 60. Geburtstag von Ernst Zander / hrsg. von Helmut Glaubrecht und Dieter Wagner
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Personalpolitik in Polen 71

Besetzung der leitenden Stellen auf dem Wege der Bewerbung die Marktelemen­te in den Vordergrund stellt vor allem den Unternehmensgeist und das Effek­tivitätsstreben(u.a. auf dem Wege der Aufhebung des Prinzips der Vollbeschäf­tigung in der Wirtschaft). Das könnte nämlich zur Negation der Plan- und Par­teiorientierung der Personalprozeduren führen und in der Konsequenz den Ver­lust der Parteikontrolle bei der Berufung von Direktoren bewirken. Heute je­doch, nach 4 Jahren der mit Mühe eingeleiteten Reform, stellen wir fest, daß diese Bedenken unbegründet waren. Generell gesehen, hat sich die Personalpoli­tik im Bereich der Führungskräfte trotz(Preis)Bewerbungen als stabil erwiesen. Wir werden versuchen, dies im nächsten Teil des Aufsatzes zu erläutern.

II Grundbegriffe aus dem Bereich der Personalpolitik in der polnischen Fachliteratur

Die Probleme der Personalpolitik sind in Polen, aber auch in anderen sozialisti­schen Ländern, noch nicht ausreichend wissenschaftlich bearbeitet. Dies drückt sich u.a. aus in einem Chaos im Bereich der Begriffe und in einem unterschiedli­chen Verständnis des Wesens, der Zielsetzungen, Prinzipien, Bestandteile wie auch Methoden und Instrumente der Realisierung dieser Politik, die doch im Sy­stem der zentralistischen Leitung die Gesamtheit der Wirtschaft und Verwaltung des Landes umfaßt. Obwohl man sich auf das System der zentralen Leitung ge­stützt hat und trotz der Zentralisierung der Politik im Bereich der Führungskräf­te und in einem hohen Maße auch trotz der Zentralisierung der Weiterbildung, ist noch in keinem sozialistischen Land ein einheitliches System der Personalpo­litik geschaffen worden. Obwohl vollständige Informationen aus dem Bereich der Personalpolitik im Bezug auf Führungskräfte anderer sozialistischer Länder meist schwer zugänglich sind, kann man viele gemeinsame Eigenschaften fest­stellen. Die Grundähnlichkeit ist hier die Verankerung in der Verfassung dieser Länder, die einen entscheidenden Einfluß der Leitungsorgane der Partei auf die Personalpolitik sichert?. Dieser Einfluß auf die Besetzung von leitenden Stellen ist ein wesentlicher Faktor für die Erhaltung der politischen Macht und des Wirt­schaftssystems. Diese Frage wird in Veröffentlichungen vieler polnischer Auto­ren betont. Das grundsätzliche Dokument, das die aktuellen Prinzipien der Per­sonalpolitik bestimmt, ist in Polen der Beschluß des XIII. Plenums des ZK der PVAP vom 15. 10. 1983; alle Autoren knüpfen an diesen Beschluß an. Obwohl der Inhalt des Beschlusses allgemein gesehen keine Zweifel erweckt, wird in der Realität seine Interpretation seitens einzelner Stufen der Parteiinstanzen über­mäßig erweitert. Die Folge ist, daß die Gesellschaft den Eindruck hat, es herr­sche das unbegründete Bestreben, sogar Stellungen von niedrigem Rang mit Par­teimitgliedern zu besetzen. Diese Taktik bewirkt jedoch Schaden im Propagan­dabereich.