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Humanität und Rationalität in Personalpolitik und Personalführung : Beiträge zum 60. Geburtstag von Ernst Zander / hrsg. von Helmut Glaubrecht und Dieter Wagner
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72 Personalpolitik in Polen

Aus diesem Grund ist also die Gesellschaft in Polen sehr an der Personalpolitik im Bereich der Führungskräfte interessiert. Besonders deutlich ist das während der gesellschaftlich-politischen Spannungen in der zweiten Hälfte des Jahres 1980 und im Jahre 1981 zum Ausdruck gekommen, als die Belegschaften einen wesentlichen Teil von Direktoren nur deshalb abgesetzt haben, weil sie von Mi­nistern berufen worden sind. Sie wurden also als Vertreter der Zentralmacht be­trachtet und nicht als Vertreter des Kollektivs des Betriebes.

Die Vielzahl der Politiksubjekte, die den Führungskräften, insbesondere den Di­rektoren, gegenüberstehen(Parteiinstanzen, zentrale Organe der Wirtschafts­führung, Behörde der Territorialverwaltung, Belegschaft und ihre Vertretung), bewirkt, daß die Festlegung der Teilung von Kompetenzen und Verantwortung in bezug auf Personalentscheidungen sehr schwer ist. Weil der Begriff der Perso­nalpolitik im Bereich der Führungskräfte(in der sozialistischen Wirtschaft) sehr weit und vielstufig ist, werden wir uns in dem vorliegenden Aufsatz thematisch auf den Betrieb beschränken. Einer Erklärung bedürfen vor allem die gleichzei­tig verwendeten Begriffe: Personalpolitik und Personalpolitik im Bereich der Führungskräfte(Kaderpolitik). Ein Teil der Autoren verwendet diese Begriffe in der polnischen Fachliteratur als Synonyme, indem sie den Begriff der Kaderpo­litik auf die gesamte Belegschaft und die Gesamtheit von Personalangelegenhei­ten im Betrieb erweitern. Die meisten Autoren trennen aber diese Begriffe von­einander®. Gemäß dieser zweiten Auffassung umfaßt die Personalpolitik die Ge­samtheit der organisierten Aktivitäten der betrieblichen Dienste(Abteilungen). Diese Aktivitäten zielen auf eine optimale Gestaltung der mit dem Menschen im Arbeitsprozeß verbundenen Angelegenheiten und auf die Schaffung einer Orga­nisationsform, die den Individuen und den Arbeitskollektiven optimale Ent­wicklungsbedingungen sichert. Die Kaderpolitik hingegen bezieht sich nur auf die Führungskräfte und eventuell auf Personen, die auf die Ausübung von Lei­tungsfunktionen vorbereitet werden. Man kann also bei Verwendung einer ande­ren Terminologie zwischen Kaderpolitik im weiten Sinne(Personalpolitik gegen­über allen Mitarbeitern) und im engen Sinne unterscheiden(Personalpolitik im Bereich der Führungskräfte). K. Doktor betont hier: soweit die Personalpolitik (im weiten Sinne) auf die Optimierung der ganzen menschlichen Ressourcen im Betrieb eingestellt ist, ist die Kaderpolitik außerdem ein Instrument der Lei­stungsfähigkeit der Macht. Aus diesem Grund berücksichtigt sie die Beziehun­gen zwischen den Behörden in einem Wirtschaftssystem und den Verwaltungen der Wirtschaftsorganisationen. In den Meinungen zu Schlüsselaufgaben(Funk­tionen) der Kaderpolitik unterscheiden sich die polnischen Autoren voneinander nicht wesentlich, obwohl sie Funktionen differenziert systematisieren. Man kann sich hier aber auf eine sehr synthetische Gliederung in 3 Grundbereiche der Kaderpolitik stützen(erarbeitet im Jahre 1984) im Institut für Leitungsorganisa­tion und Qualifizierung von Führungskräften in Warszawa): 1) Wahl und Mobi­