Personalpolitik in Polen 75
trieben in Polen haben bis heute keine zufriedenstellende eindeutige Antwort auf die Frage gegeben, wessen Interessen der Direktor des staatlichen Betriebs vertreten soll. Außer Jugoslawien haben alle sozialistischen Länder die Verstaatlichung der Betriebe als grundsätzliche Form der Vergesellschaftung des Eigentums an Produktionsmitteln gewählt. Deshalb ist die typische Wirtschaftseinheit, das typische Wirtschaftssubjekt der staatliche Betrieb. Sein Eigentümer ist also der Staat. Soll folglich der Direktor des staatlichen Betriebes in diesem Betrieb das Interesse der Regierung— des Eigentümers— vertreten oder das Interesse der Firma, und wie ist dieses Interesse zu verstehen? In Polen, nach den stürmischen Spannungen der Jahre 1980—81, ist dieses Problem gesellschaftlich besonders heikel. Unter den Belegschaften ist nämlich die Überzeugung ziemlich verbreitet, daß der Betriebsdirektor besonders der, der vom Gründungsorgan ernannt worden ist, sich meistens nach außerwirtschaftlichen Prämissen richtet, die er von der Regierung erhält, zu Lasten der effektivitätsbezogenen Kriterien. (Diese Überzeugung stützt sich übrigens auf die oft peinlichen Erfahrungen in früheren Jahren.)
Das Gesetz vom 25. 9. 1981 über staatliche Betriebe!? hat in polnischen staatliChen Industriebetrieben zum ersten Mal 3 Leitungsorgane eingeführt:
1) die Hauptversammlung der Mitarbeiter(oder der Delegierten) 2) den Betriebsrat 3) den Betriebsdirektor
Ihre Kompetenzen werden vom Gesetz nur rahmenorientiert geregelt, indem es auf den Status des Betriebes verweist, wenn es um detaillierte Fragen geht. Der Direktor leitet gemäß diesem Gesetz den Betrieb in Anlehnung an die rechtlichen Vorschriften; er entscheidet selbständig und trägt Verantwortung für die Entscheidungen. Er vertritt den Betrieb auch nach außen(Art. 33 des Gesetzes). Diese Festlegung des Gesetzes ist aber nicht präzis und kann zu verschiedenen Auslegungen führen. In diesem Gesetz werden nämlich Organe der Selbstverwaltung genannt, und es gibt außerdem noch ein spezielles Gesetz über die Selbstverwaltung der Belegschaft des staatlichen Betriebes, das den Charakter des Betriebes als den einer sich selbstverwaltenden Einheit bestimmt. Diese Inkonsequenz ließ in manchen Fällen die Behauptung zu, daß das Gesetz über Betriebe den Charakter des Betriebes als einen managergeleiteten Betrieb bestimmte, wobei die vollständige Selbstständigkeit des Direktors gemeint war. Das Gesetz über Selbstverwaltung der Belegschaft gab den Betrieben hingegen einen völlig selbstverwaltenden Charakter. Es ordnet nämlich den Direktor vollständig der Selbstverwaltung unter— als ausführendes Organ ihrer Beschlüsse.
Weil es aber die Intention des Gesetzes war, dem System der Betriebsleitung einen Mischcharakter zu geben, d.h. zugleich den eines managergeleiteten Betriebes und den eines auf Selbstverwaltung gestützten Betriebs, ist die Position
