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Humanität und Rationalität in Personalpolitik und Personalführung : Beiträge zum 60. Geburtstag von Ernst Zander / hrsg. von Helmut Glaubrecht und Dieter Wagner
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Personalpolitik in Polen 75

trieben in Polen haben bis heute keine zufriedenstellende eindeutige Antwort auf die Frage gegeben, wessen Interessen der Direktor des staatlichen Betriebs ver­treten soll. Außer Jugoslawien haben alle sozialistischen Länder die Verstaatli­chung der Betriebe als grundsätzliche Form der Vergesellschaftung des Eigen­tums an Produktionsmitteln gewählt. Deshalb ist die typische Wirtschaftsein­heit, das typische Wirtschaftssubjekt der staatliche Betrieb. Sein Eigentümer ist also der Staat. Soll folglich der Direktor des staatlichen Betriebes in diesem Be­trieb das Interesse der Regierung des Eigentümers vertreten oder das Inter­esse der Firma, und wie ist dieses Interesse zu verstehen? In Polen, nach den stürmischen Spannungen der Jahre 198081, ist dieses Problem gesellschaftlich besonders heikel. Unter den Belegschaften ist nämlich die Überzeugung ziemlich verbreitet, daß der Betriebsdirektor besonders der, der vom Gründungsorgan ernannt worden ist, sich meistens nach außerwirtschaftlichen Prämissen richtet, die er von der Regierung erhält, zu Lasten der effektivitätsbezogenen Kriterien. (Diese Überzeugung stützt sich übrigens auf die oft peinlichen Erfahrungen in früheren Jahren.)

Das Gesetz vom 25. 9. 1981 über staatliche Betriebe!? hat in polnischen staatli­Chen Industriebetrieben zum ersten Mal 3 Leitungsorgane eingeführt:

1) die Hauptversammlung der Mitarbeiter(oder der Delegierten) 2) den Betriebsrat 3) den Betriebsdirektor

Ihre Kompetenzen werden vom Gesetz nur rahmenorientiert geregelt, indem es auf den Status des Betriebes verweist, wenn es um detaillierte Fragen geht. Der Direktor leitet gemäß diesem Gesetz den Betrieb in Anlehnung an die rechtlichen Vorschriften; er entscheidet selbständig und trägt Verantwortung für die Ent­scheidungen. Er vertritt den Betrieb auch nach außen(Art. 33 des Gesetzes). Diese Festlegung des Gesetzes ist aber nicht präzis und kann zu verschiedenen Auslegungen führen. In diesem Gesetz werden nämlich Organe der Selbstverwal­tung genannt, und es gibt außerdem noch ein spezielles Gesetz über die Selbst­verwaltung der Belegschaft des staatlichen Betriebes, das den Charakter des Be­triebes als den einer sich selbstverwaltenden Einheit bestimmt. Diese Inkonse­quenz ließ in manchen Fällen die Behauptung zu, daß das Gesetz über Betriebe den Charakter des Betriebes als einen managergeleiteten Betrieb bestimmte, wo­bei die vollständige Selbstständigkeit des Direktors gemeint war. Das Gesetz über Selbstverwaltung der Belegschaft gab den Betrieben hingegen einen völlig selbstverwaltenden Charakter. Es ordnet nämlich den Direktor vollständig der Selbstverwaltung unter als ausführendes Organ ihrer Beschlüsse.

Weil es aber die Intention des Gesetzes war, dem System der Betriebsleitung einen Mischcharakter zu geben, d.h. zugleich den eines managergeleiteten Be­triebes und den eines auf Selbstverwaltung gestützten Betriebs, ist die Position