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Humanität und Rationalität in Personalpolitik und Personalführung : Beiträge zum 60. Geburtstag von Ernst Zander / hrsg. von Helmut Glaubrecht und Dieter Wagner
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76 Personalpolitik in Polen

des Direktors(die formelle Position) gegenüber den übrigen Leitungsorganen als die eines gleichrangigen Partners anzusehen. Um aber vielen divergenten Inter­pretationen auszuweichen, ist kürzlich dem Sejm(dem Parlament) ein Entwurf des Gesetzes über die Änderung mancher Gesetze unterbreitet worden, die die Funktionsweise der vergesellschafteten Wirtschaft festlegen!?. Dieser Entwurf (noch nicht beschlossen) schlägt dem Sejm u.a. neue, präzisere Formulierungen des Artikels 33 des Gesetzes über staatliche Betriebe vor. Dieser Artikel stellt jetzt fest:Der Direktor des staatlichen Betriebes trifft, gemäß den Rechtsvor­schriften handelnd, selbständig alle Arten von Entscheidungen, die für eine ra­tionelle und mit der wirtschaftlichen Rechnungsführung übereinstimmende Tä­tigkeit des Betriebes unerläßlich sind, und er trägt für sie die volle Verantwor­tung, mit Ausnahme der Angelegenheiten, für die die Kompetenz den entschei­denden Organen der Selbstverwaltung der Belegschaft vorbehalten sind. Eine solche Auffassung des Artikels 33 des Gesetzes beseitigt schon die vorherige Un­deutlichkeit und läßt keine Zweifel in bezug auf das Mischsystem der Leitungs­organe des Betriebes zu: auf das manager- und selbstverwaltungsgestützte Sy­stem. Der Direktor ist in diesem Mischsystem nicht das einzige Leitungsorgan der Betriebsleitung, sondern ein gleichrangiges Organ der staatlichen Verwal­tung, nicht Subjekt, das von außen auf den Betrieb wirken soll, sondern ein inte­graler Bestandteil dieses Betriebes.

In der Realität gibt es aber bei einem Teil der Gründungsorgane immer noch Tendenzen, die Direktoren als ihre Vertreter gegenüber den Betrieben zu be­trachten. Zu diesem Zwecke wird sowohl die Nichtbeachtung der Bewerbung bei Ernennung zum Direktor als Instrument verwendet, als auch verschiedenartige Konzentrationsvorhaben und auch die Möglichkeit der Subventionierung der Betriebe oder ihre Befreiung von manchen Steuern. Die in diesem Bereich durch­geführten Forschungen führen zu der Feststellung, daß die zentralen Organe der staatlichen Verwaltung meist an einer Erhöhung der Macht der Betriebsdirekto­ren nicht interessiert sind!*, Unter Macht wird hier die Unabhängigkeit des Di­rektors im Bereich von wichtigen Entscheidungen über Angelegenheiten des Be­triebs und sein Einfluß auf das Schicksal des Betriebs und seiner Belegschaft ver­standen. Aus diesen Untersuchungen resultiert auch, daß die befragten Direkto­ren eine verstärkte Senkung des Prestiges der Direktorenstellung bereits seit dem Jahre 1973 feststellen. Im Jahre 1979 hat diese Senkung bereits deutlich eine Kri­se dieses Ansehens nicht nur in bezug auf die Stellung des Direktors prognosti­ziert, sondern auch in bezug auf das gesamte leitende Personal. Der niedrigste Punkt wurde im Jahre 1980 erreicht; das verlorene Prestige ist bis heute noch nicht wiedergewonnen worden.

Die wirtschaftliche Reform der 80er Jahre hat Bedingungen für eine wesentliche Erhöhung der Rolle, der Position und der Bedeutung der staatlichen Betriebe in der Volkswirtschaft geschaffen und damit auch für eine neue Position des Be­