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Humanität und Rationalität in Personalpolitik und Personalführung : Beiträge zum 60. Geburtstag von Ernst Zander / hrsg. von Helmut Glaubrecht und Dieter Wagner
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Personalpolitik in Polen 77

triebsdirektors. Die Position des Betriebsdirektors in Polen ist aber niedriger als in Gesellschaften mit reichen industriellen Traditionen'®., Trotz potentieller Be­dingungen, die durch die Wirtschaftsreform geschaffen worden sind, die sich übrigens mit viel Mühe ihren Weg bahnt, ist immer noch die Position der Direk­toren wesentlich niedriger im Vergleich zu der Position in den 60er Jahren. Eine interessante Selbstbeurteilung hat man diesbezüglich bei anonymen Befragungen festgestellt, die unter Direktoren der Betriebe in einem der Wohnviertel in Lodz durch das Parteikomitee dieses Wohnviertels durchgeführt worden ist!®. 40% der befragten Direktoren(aus dieser zwar nicht großen, aber repräsentativen Gruppe) sind der Meinung, daß die Autorität des Direktors sehr niedrig ist, und weitere 25% meinen, daß sie mittelmäßig ist. Den Umfang der Macht des Direk­tors haben 30% als niedrig eingeschätzt und weitere 60% als mittelmäßig. Die Ursache für diesen Sachverhalt sehen sie u.a. in der Unterschätzung des Titels selbst, der sehr breit verwendet wird(z.B. Direktor der Schule, des Kindergar­tens, der Kinderkrippe, des Erholungsheimes usw.). Die weiteren Ursachen seien: daß dem Direktor die Möglichkeit genommen sei, Sanktionen anzuwen­den(u.a. werden Verstöße der Mitarbeiter allzu liberal behandelt, die Gewerk­schaften schützen die Faulenzer, in der Gesellschaft hat sich ein falsches Bild des Direktors herausgebildet Gewaltherrscher und Urheber für allerlei Böses), und allzu niedrige Entlohnung.

Auch der Umfang der Verantwortlichkeit des Direktors und sein Recht, Risiken einzugehen, ist nicht präzise bestimmt. Wegen der wirtschaftlichen Schwierig­keiten des Landes wendet der Direktor sehr viel Kraft und Energie auf, um tägli­che Probleme zu bewältigen, nach laufenden Lösungen zu suchen, um die Be­schaffung sicherzustellen, verschiedene Angelegenheiten zu verschiedenen In­stanzen zu klären, Anordnungen zu realisieren, die sich aus Kontrollen ergeben usw., anstatt konzeptionell zu handeln und perspektivisch zu denken. Die Direk­toren verspüren oft einen Mangel an Vertrauen seitens der Organe der zentralen Wirtschaftsverwaltung, die ihnen nicht erlaubt, die ganzen Möglichkeiten der Reform auszuschöpfen und Initiative zu zeigen. Nicht ohne Schuld ist hier ein Teil der Direktoren, die nach der Auflösung der mittleren Stufen der Wirt­schaftsleitung(Vereinigung) eine Lücke und Fehlen an schneller Hilfe in schwe­ren Situationen verspüren. Auch das Gefühl der Sicherheit bei den Betriebsdi­rektoren läßt viel zu wünschen übrig. Wegen des Mangels an langfristigen Beur­teilungskriterien und-prinzipien ist es relativ leicht, den Direktor abzuberufen, z.B. im Falle eines einmaligen Versehens, sogar dann, wenn Gegebenheiten ein­getreten waren, auf die er keinen Einfluß haben konnte, und für die wesentlich niedrigere Stufen schuldig waren(z.B. ein wesentlicher Unfall oder Feuer). Allzu oft wurde es auch praktiziert, Direktoren abzuberufen, wenn sie eine an­dere Meinung als die übergeordnete wirtschaftliche oder politische Instanz hat­ten, sogar nur um zu zeigen, daßder Schuldige bestraft worden sei.