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Humanität und Rationalität in Personalpolitik und Personalführung : Beiträge zum 60. Geburtstag von Ernst Zander / hrsg. von Helmut Glaubrecht und Dieter Wagner
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150 Tarifpolitik im Wandel

tionen stützen. Vielfach war es hilfreich, wenn die Tarifparteien in zugespitzten Verhandlungssituationen auf Schlichtungsregelungen zur Bereinigung und Lö­sung von Tarifkonflikten rechtzeitig zurückgreifen konnten. Dabei konnten un­abhängige Schlichter mit ihren Einigungsvorschlägen zur Problemlösung beitra­gen.

Für die Zukunft wäre zu überlegen, ob und inwieweit Schlichtungsordnungen in bestimmten Tarifbereichen nicht noch ausbaufähig sind, insbesondere dort, wo die Arbeitskampfgefahr häufiger akut geworden ist. Dabei könnte der Einhal­tung und Verlängerung von Friedenspflichten eine besondere Bedeutung zukom­men, die sich konsequenterweise auch auf sog. Warnstreiks erstrecken mußten. Es wäre auch zu überlegen, ob die sog. Konzertierte Aktion in abgewandelter Form nicht wieder neubelebt werden sollte, da sie zweifellos in erheblichem Maße zur Versachlichung der Tarifpolitik zumindest in den Anfangsjahren beigetragen hatte.

III Tarifvertrag und Tarifpolitik

1 Spannungsfeld zwischen Tarifvertrag und Betrieb

Ein gewichtiges aktuelles Thema über den Regelungsbereich der Tarifverträge ist die Ordnungsfunktion der Tarifverträge und ihre Grenzen. Es geht hierbei um die Frage, ob der Tarifvertrag vom Inhalt her möglichst alle Arbeitsbedingungen der Betriebe erfassen und abschließend regeln, oder ob er nur einen Rahmen er­halten soll, der sich betrieblich weiter verfeinern und ausbauen läßt. Darüber hinaus werden auch die räumlichen und fachlichen Geltungsbereiche der Tarif­bereiche erörtert, d.h., soll der Tarifvertrag für alle Regionen und für alle Bran­chen oder betrieblichen Sektoren eines Wirtschaftszweiges gleichermaßen gel­ten, oder sollen die Unternehmer letztlich nicht die Möglichkeit erhalten, Löhne und sonstige Arbeitsbedingungen unter Berücksichtigung der jeweiligen Ertrags­situation und des Umfeldes des Arbeitsmarktes differenziert und nach individu­elleren Gesichtspunkten auszuhandeln.

Vor dem Hintergrund hoher Arbeitslosenzahlen und Ertragsschwächen der Be­triebe sollen insbesondere die Löhne stärker differenziert werden. In das Ge­spräch gebracht werden gesetzliche Gleitklauseln und tarifvertragliche Öff­nungsklauseln, die das tarifvertragliche Instrumentarium erweitern sollen.

2 Tarifvertrag exklusiv oder erträglicher Lohn für alle

Differenzierungsbedarf für die Betriebe besteht zweifellos aus ökonomischen Gründen nicht nur zwischen den Wirtschaftsbereichen und Regionen, sondern vor allem auch von der beruflichen Qualifikation her, wobei stärker auf Anfor­