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Humanität und Rationalität in Personalpolitik und Personalführung : Beiträge zum 60. Geburtstag von Ernst Zander / hrsg. von Helmut Glaubrecht und Dieter Wagner
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Tarifpolitik im Wandel 157

zehnts haben hohe Tariflohnsteigerungen erhebliche Investitionsrückgänge und starke Beschäftigungsverluste verursacht. In den Jahren nach 1983 ermäßigten sich die Lohnraten, und die Ausrüstungsinvestitionen der Unternehmen konnten beträchtlich zunehmen. Seit 1984 wächst die Beschäftigung. Dabei stieg die Zahl der Arbeitsplätze gerade in jenen Branchen, deren Ertragsentwicklung beson­ders günstig verlief. Der Satz, daßdie Gewinne von heute die Investitionen von morgen und die Arbeitsplätze von übermorgen sind, hat sich wieder einmal mehr bestätigt.

Für die Einkommen der Arbeitnehmer hat sich der moderate Lohnkurs ebenfalls ausgezahlt. Im Gegensatz zu den ersten 80er Jahren, als hohe Tariflohnsteige­rungen durch hohe Inflationsraten zunichte gemacht wurden, führten die maß­vollen Lohnraten zu Beginn der zweiten Hälfte der 80er Jahre zu einem beträcht­lichen Zuwachs der realen Einkommen.

Die Tarifpolitik steht weiter vor der Aufgabe, beschäftigungspolitische Chancen zu nutzen. Dazu sollten die vorhandenen Differenzierungen bei den Löhnen wei­ter ausgebaut und die Lohnstruktur noch stärker auf die Qualifikation ausge­richtet werden. Dies ist am besten erreichbar, wenn der tarifvertragliche Rahmen genügend Spielraum läßt für die betriebliche Differenzierung der Effektivlöhne. Beschäftigungsfördernd wäre darüber hinaus die Schaffung eines Einstiegstarifs für neue Beschäftigungsverhältnisse. Eine Nivellierung der Lohnstruktur durch die überproportionale Anhebung der unteren Lohngruppen verschlechtert dage­gen die Einstellungschancen.

Um die Beschäftigung weiter zu verbessern und der Schattenwirtschaft entgegen­zuwirken, ist eine Stabilisierung der Personalzusatzkosten dringend erforder­lich. Mit über 80% des Direktentgelts sind sie eine drückende Kostenlast für die Betriebe. Im internationalen Vergleich haben deutsche Unternehmen die mit Ab­stand höchsten Personalzusatzkosten. Die gesetzlichen Personalzusatzkosten haben sich in jüngster Zeit als besonders kostentreibend erwiesen. Notwendig ist es aber auch, einen weiteren Anstieg der tariflichen und betrieblichen Personal­zusatzkosten zu vermeiden.

VII Prüfsteine der Tarifpolitik

Trotz bestehender Gegensätze sind die partnerschaftlichen Beziehungen zwi­schen Gewerkschaften und Arbeitgeberverbänden funktionsfähig. Das soziale Erscheinungsbild in der Bundesrepublik Deutschland ist trotz ideologischer Ge­gensätze und interessensbedingter Unterschiede durch eine durchaus bewährte Zusammenarbeit der Sozialpartner geprägt worden. Die Erfolge bei der Suche nach sachgerechten Lösungen sind dabei allen Beteiligten zugute gekommen.