Lohnzahlung während eines Arbeitskampfes 161
1) Die Norm schützt(als individuelles Grundrecht) für jedermann das Recht, zur Wahrung und Förderung der Arbeits- und Wirtschaftsbedingungen Vereinigungen zu bilden(sog. positive Koalitionsfreiheit) oder ihnen fernzubleiben(sog. negative Koalitionsfreiheit)?.
2) Geschützt ist auch das Recht des einzelnen, sich koalitionsgemäß zu betätigen?. 3) Art. 9 Abs. 3 GG sichert darüber hinaus auch den Bestand der Koalition
selbst und ihr Recht auf koalitionsspezifische Betätigung in Kernbereichen zur Sicherung von Koalitionswohl und Koalitionszweck*.
4) Art. 9 Abs. 3 GG schützt auch den Einsatz der koalitionsspezifischen Mittel zur Erreichung des Koalitionszwecks5.
In Betracht kommen könnte ein Verstoß der Prämienzahlungen gegen die Koalitionsmittelgarantie(Rechtssatz 4) sowie eine Verletzung des Rechts der Kläger, an der koalitionsspezifischen Betätigung teilzunehmen(Rechtssatz 2).
Es bedarf heute keiner weiteren Ausführungen mehr, daß ein gewerkschaftlicher Streik und die Teilnahme daran in den Schutzbereich der Koalitionsmittelgarantie fallen®.
Die Koalitionsmittelgarantie gilt nicht nur gegenüber staatlichen Eingriffen, sondern ihr ist in Art. 9 Abs. 3 Satz 2 GG ausdrücklich„Drittwirkung“ beigelegt, d.h., sie ist auch gegen Maßnahmen und Eingriffe von dritter(d.h. privater) Seite geschützt®.
Arbeitnehmer, die an einem Streik teilnehmen, betätigen sich koalitionsgemäß. Ihre Streikteilnahme steht unter dem Schutz von Art. 9 Abs. 3 Satz 1 und Satz 2 GG.
2 Eingriff in den Schutzbereich von Art. 9 Abs. 3 GG? 2.1 Unmittelbarer, zielgerichteter Eingriff?
Die Arbeitsgerichte haben einen Eingriff in den von Art. 9 Abs. 3 GG geschützten Bereich mit der sehr pauschalen Begründung verneint, ein Arbeitgeber müsse mit einer im übrigen zulässigen Maßnahme auf Streiks reagieren können; den streikenden Arbeitnehmern habe freigestanden, den Streik fortzusetzen oder nicht.
Diese Ausführungen lassen sich dahin verstehen, daß sie eine rechtswidrige, im Sinne der Grundrechtsdogmatik zielgerichtete Eingriffshandlung verneinen. Damit ist jedoch noch nicht hinreichend dargetan, daß Art. 9 Abs. 3 GG nicht ver