172 Lohnzahlung während eines Arbeitskampfes
kann er doch nicht in„freiem“ Ermessen, d.h. willkürlich einzelnen Arbeitnehmern die Prämie gewähren, anderen aber vorenthalten“*?,
Diese Ermessensbindung findet auf zwei Ebenen Anwendung:
1) Der Arbeitgeber darf aus der von ihm selbst bestimmten Gruppe nicht einzelne Arbeitnehmer zu ihrem Nachteil herausnehmen und ihnen die Leistung ganz oder teilweise vorenthalten.
2) Der Arbeitgeber darf bei der Gruppenbildung selbst nicht willkürlich vorgehen. Er darf sich bei der Differenzierung nicht von unsachlichen, gegen spezielle gesetzliche oder sozialethisch allgemein anerkannte Wertungen($$ 134, 138 BGB) gerichteten Erwägungen leiten lassen.
Die in diesem Sinne willkürlich ausgeschlossenen Arbeitnehmer haben dann einen Anspruch auf Gewährung der Sondervergütung wegen Verletzung des arbeitsrechtlichen„Gleichbehandlungsgrundsatzes“#,
1.2 Ableitung des Gleichbehandlungsgrundsatzes
Über den Geltungsgrund und die Reichweite des Gleichbehandlungsgrundsatzes ist bisher keine Einigkeit erzielt worden“,
Der arbeitsrechtliche Gleichbehandlungsgrundsatz ist ein privatrechtlicher Rechtssatz,“% der einzelvertraglich abbedungen werden kann. Der Arbeitnehmer kann mit dem Arbeitgeber eine ihn ungleich treffende Regelung vereinbaren“.
Die Grundlage dieser Verpflichtung des Arbeitgebers zur Gleichbehandlung wird unterschiedlich beurteilt:
1) Eine verbreitete Auffassung will den Gleichbehandlungsgrundsatz im individualrechtlichen Arbeitsvertrag verankern und aus der Fürsorgepflicht des Arbeitgebers und dem Gebot von Treu und Glauben ableiten. Über diese Generalklausel ist zugleich eine Einstrahlung von Art. 3 GG auf die Rechte und Pflichten der Arbeitsvertragsparteien dogmatisch gesichert“.
Ein anderer Ansatz sieht im arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgebot eine Ausprägung des verfassungsrechtlichen Gleichheitssatzes des Art. 3 GG®, Die unmittelbare Geltung von Art. 3 GG ist allerdings zweifelhaft; die Unterwerfung der Tarifparteien unter Art. 3 GG als Schöpfer autonom gesetzter Rechtsquellen ist einleuchtend; Art. 3 GG auf die Vertragsbeziehungen des Arbeitgebers im Verhältnis zum Arbeitnehmer voll inhaltlich anzuwenden, bedeutete indes das Ende der durch Art. 2 GG geschützten Vertragsfreiheit im Bereich des Arbeitsrechts®.
Die Rechtsprechung hat eine solche Ableitung zu Recht nicht vorgenommen)!,