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Humanität und Rationalität in Personalpolitik und Personalführung : Beiträge zum 60. Geburtstag von Ernst Zander / hrsg. von Helmut Glaubrecht und Dieter Wagner
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172 Lohnzahlung während eines Arbeitskampfes

kann er doch nicht infreiem Ermessen, d.h. willkürlich einzelnen Arbeitneh­mern die Prämie gewähren, anderen aber vorenthalten*?,

Diese Ermessensbindung findet auf zwei Ebenen Anwendung:

1) Der Arbeitgeber darf aus der von ihm selbst bestimmten Gruppe nicht einzel­ne Arbeitnehmer zu ihrem Nachteil herausnehmen und ihnen die Leistung ganz oder teilweise vorenthalten.

2) Der Arbeitgeber darf bei der Gruppenbildung selbst nicht willkürlich vorge­hen. Er darf sich bei der Differenzierung nicht von unsachlichen, gegen spe­zielle gesetzliche oder sozialethisch allgemein anerkannte Wertungen($$ 134, 138 BGB) gerichteten Erwägungen leiten lassen.

Die in diesem Sinne willkürlich ausgeschlossenen Arbeitnehmer haben dann einen Anspruch auf Gewährung der Sondervergütung wegen Verletzung des ar­beitsrechtlichenGleichbehandlungsgrundsatzes#,

1.2 Ableitung des Gleichbehandlungsgrundsatzes

Über den Geltungsgrund und die Reichweite des Gleichbehandlungsgrundsatzes ist bisher keine Einigkeit erzielt worden,

Der arbeitsrechtliche Gleichbehandlungsgrundsatz ist ein privatrechtlicher Rechtssatz,% der einzelvertraglich abbedungen werden kann. Der Arbeitnehmer kann mit dem Arbeitgeber eine ihn ungleich treffende Regelung vereinbaren.

Die Grundlage dieser Verpflichtung des Arbeitgebers zur Gleichbehandlung wird unterschiedlich beurteilt:

1) Eine verbreitete Auffassung will den Gleichbehandlungsgrundsatz im indivi­dualrechtlichen Arbeitsvertrag verankern und aus der Fürsorgepflicht des Arbeitgebers und dem Gebot von Treu und Glauben ableiten. Über diese Ge­neralklausel ist zugleich eine Einstrahlung von Art. 3 GG auf die Rechte und Pflichten der Arbeitsvertragsparteien dogmatisch gesichert.

Ein anderer Ansatz sieht im arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgebot eine Ausprägung des verfassungsrechtlichen Gleichheitssatzes des Art. 3 GG®, Die unmittelbare Geltung von Art. 3 GG ist allerdings zweifelhaft; die Unter­werfung der Tarifparteien unter Art. 3 GG als Schöpfer autonom gesetzter Rechtsquellen ist einleuchtend; Art. 3 GG auf die Vertragsbeziehungen des Arbeitgebers im Verhältnis zum Arbeitnehmer voll inhaltlich anzuwenden, bedeutete indes das Ende der durch Art. 2 GG geschützten Vertragsfreiheit im Bereich des Arbeitsrechts®.

Die Rechtsprechung hat eine solche Ableitung zu Recht nicht vorgenom­men)!,