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Humanität und Rationalität in Personalpolitik und Personalführung : Beiträge zum 60. Geburtstag von Ernst Zander / hrsg. von Helmut Glaubrecht und Dieter Wagner
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Lohnzahlung während eines Arbeitskampfes 173

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Einen weiteren Anhalt soll$ 75 Abs. 1 BetrVG bieten. Danach gilt im Be­reich für die Organe der Betriebsverfassung ein Diskriminierungsverbot. Die­se Vorschrift stellt eine Konkretisierung des verfassungsrechtlich verbürgten Willkürverbots dar®?,

Betriebsvereinbarungen unterliegen damit genauso wie Tarifverträge dem Gleichbehandlungsgebot. Auf der einzelvertraglichen, durch das Günstig­keitsprinzip ebenso wie durch$ 77 Abs. 3 BetrVG vor kollektiver Totalregle­mentierung und Durchnormierung geschützten Ebene, auf der zu handeln das Betriebsverfassungsrecht dem Arbeitgeber nicht verbietet, besteht dage­gen keine Bindung an$ 75 Abs. 1 BetrVG, da der Arbeitgeber hier nicht als Funktionär der Betriebsverfassung, sondern außerhalb des Wertungsgefü­ges dieser Ordnung handelt®?.

Die Grundlage des Gleichbehandlungsgrundsatzes ist von anderen mit der Billigkeitskontrolle($ 315 BGB) in Verbindung gebracht worden**,

Dies wird damit begründet, daß es auch im Privatrecht(und erst recht im Ar­beitsrecht) niefreies, sondern immer nurbilliges Ermessen gebe*5. Gelegentlich finden sich Anklänge daran auch in der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts*®.

Dennoch ist kritischen Stimmen in der Literatur zuzugeben,° daß aus der Parallele zu$ 315 BGB keine sinnvollen Kriterien für das Arbeitsrecht zu ge­winnen sind; insbesondere lassen sich ausder Billigkeit präzise Wertungs­maßstäbe nicht ableiten.

Der Gleichbehandlungsgrundsatz soll nach Ansicht anderer Autoren ein Ge­bot austeilender Gerechtigkeit sein und demzufolge überall da gelten,wo die Rechtsordnung einem Machtträger Befugnisse zur Verteilung von Vor- und Nachteilen innerhalb einer durch Gemeinschaftsbande verbundenen Perso­nengruppe einräumt$,

Richtig an dieser Auffassung ist, daß innerhalb einer Gruppe dieGleich­heit oderGleichbeachtung ein Essentiale ist und ein ständiger Vergleich mit den anderen dazu führt, daß jede Ungleichbehandlung als Ungerechtig­keit, ja als persönliche Herabsetzung empfunden wird®.

Das Element des Machtausgleichs wird von einer verbreiteten Meinung in der Literatur als das eigentliche Prinzip des Gleichbehandlungsgrundsatzes ange­sehen®,

Trotz dieser im dogmatischen Ansatzpunkt herrschenden Uneinigkeit ist die Geltung des Gleichbehandlungsgrundsatzes als allgemeines Rechtsprinzip, das seinen positivrechtlichen Ausdruck in Art. 3 GG,$ 75 BetrVG,$ 76 BPersVG, 88 611a Abs. 1,612 Abs. 3 und 612a BGB gefunden hat, heute im Kern unumstritten®!,