Lohnzahlung während eines Arbeitskampfes 181
zierung muß respektiert werden. Insofern kann aus dem Urteil des Bundesarbeitsgericht vom 19. 5. 1982” nicht abgeleitet werden, daß streikbedingte Fehlzeiten zu keinen Nachteilen bei Prämien führen dürften. Daß das Bundesarbeitsgericht auch nichtfortzuzahlendes Entgelt dem Diskriminierungsverbot unterwirft, ist kein Abrücken von der bisherigen Rechtsprechung, sondern ihre konsequente Fortsetzung. Sie ergibt sich zwingend aus dem Grundsatz des Lohnfortzahlungsgesetzes: Dieses will dem Arbeitnehmer nicht nur den Lebensstandard sichern und ihm damit das soziale Risiko der Krankheit abnehmen; es will zugleich den Arbeitnehmer daran hindern, aus finanziellen Erwägungen(Anreizen) heraus seine Gesundheit zu beeinträchtigen. Diese legislative Ratio würde vereitelt, wenn der Arbeitgeber durch Sonderzahlungen den Arbeitnehmer verlocken könnte, trotz Krankheit zu arbeiten. Der Anreiz solcher Prämien, dem kranken Arbeitnehmer die Lohnfortzahlung doch wieder„abzukaufen“, verstößt gegen den Schutzzweck des Lohnfortzahlungsgesetzes.
Hier wird klar, daß sich ein Streikteilnehmer auf solche Erwägungen nicht berufen kann. Auch einmalige Anwesenheitsprämien der vorliegenden Art verändern nicht das gesetzlich bestehende Lohnrisiko des Arbeitnehmers im Streikfalle. Der streikende Arbeitnehmer muß in Kauf nehmen, für die Zeit, in der er nicht arbeitet, sondern streikt, keinen Lohn zu verdienen; dazu gehören auch die gezahlten Anwesenheitsprämien bzw. die übertariflich gezahlten Lohnzuschläge. Ob bereits vorher solche Prämienregelungen bestanden haben oder vom Arbeitgeber erst während des Streiks zugesagt werden, kann insoweit keinen Unterschied ausmachen. Anders als im Falle der Krankheit kann auch nicht davon gesprochen werden, daß hier die Nichtarbeit vom Gesetz(Grundgesetz) gewünscht und deshalb im Gemeinwohlinteresse(wie im Krankheitsfalle zum Schutze der Gesundheit) abgesichert würde. Die geltende Rechtsordnung ist aus zwingenden Verfassungsgründen streikneutral: Sie sieht im Streik weder ein Übel noch ein Gut; sie verurteilt weder die Streikteilnahme noch prämiert sie den Streikbrecher. Die Arbeitsaufnahme trotz eines Streikaufrufs ist nicht minder rechtmäßig als die Streikteilnahme und darf ihrerseits nicht diskriminiert werden.
Eine Gleichstellung streikbedingter mit krankheitsbedingten Fehlzeiten ist also aus der neueren Rechtsprechung nicht abzuleiten. Das zeigt schon die vom Bundesarbeitsgericht selbst vertretene These, daß für eine mehr als sechswöchige Krankheit, für die ein Anspruch auf Lohnfortzahlung nicht besteht, eine Anrechnung wiederum nicht in Frage kommt; denn der Schutzzweck des Lohnfortzahlungsgesetzes steht dann nicht mehr entgegen®S.
Die Rechtmäßigkeit der Arbeitsniederlegung ist somit nicht geeignet, die Arbeitsverweigerung der Arbeit während eines Streiks gleichzustellen. Folglich hat ein Arbeitgeber, der an im Arbeitskampf geleistete Arbeit anknüpft, nicht unzulässigerweise Vergleichbares ungleich behandelt. Vielmehr ist die Differenzie