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Humanität und Rationalität in Personalpolitik und Personalführung : Beiträge zum 60. Geburtstag von Ernst Zander / hrsg. von Helmut Glaubrecht und Dieter Wagner
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186 Lohnzahlung während eines Arbeitskampfes

Die Zahlung der Zulagen im vorliegenden Fall hatte den Gleichbehandlungs­grundsatz nicht verletzt. Auch im Lichte von Art. 9 Abs. 3 Satz 2 GG war sie nicht als Behinderung der Koalitionsfreiheit anzusehen. Sie hielt sich im Rahmen tolerabler Nebenwirkungen, die ihr nicht den Charakter als Vergütung für zu­sätzliche, tariflich nicht abgegoltene Arbeitsleistung nehmen konnten. Der Ar­beitgeber war nicht gehalten, während des Arbeitskampfes solche Zuwendungen mit Rücksicht auf die im Ausstand befindlichen Arbeitnehmer zu unterlassen. Wenn mit den Zahlungen ein Anreiz zur Arbeitsaufnahme verbunden war, so lag dies im Rahmen eines zulässigen Drucks im Arbeitskampf. War in einer sol­chen Zuwendung somit keine rechtswidrige Benachteiligung der Kläger zu sehen, so wurde sie auch nicht dadurch unzulässig, daß der Arbeitgeber die zusätzlichen Leistungen erst nach Streikende und nach Inkrafttreten des Maßregelungsver­bots vergütete. Diese Zahlungen standen immer noch im engen sachlichen und zeitlichen Zusammenhang mit dem Arbeitskampf. Sie können daher als Streik­abwehrmaßnahme des Arbeitgebersvor Ort nicht im nachhinein zu Ansprü­chen der die Arbeitsleistung verweigert habenden Arbeitnehmer führen. Ein An­spruch bestand wegen des allein von den Arbeitnehmern zu tragenden Lohnrisi­kos nicht und wird dann auch unter der Geltung des Maßregelungsverbots nicht konstitutiv begründet. Die enge Verbindung auch dieser zweiten Zahlung mit der Tarifauseinandersetzung haben die Kläger im übrigen mit ihrer Einlassung, sie habe bei der Arbeitsaufnahme am 29. 5. 1984 eine entscheidende Rolle gespielt,

selbst behauptet. Solche Lohnregelungen für die Zeit während des Streiks fallen nicht unter das Maßregelungsverbot.

Der Unterschied zu dem Fall, den A. Hueck im Auge hatte, ist im wesentlichen darin begründet, daß das Weihnachtsgeld am Jahresende seinen Anknüpfungs­punkt in der gesamten Arbeitsleistung des vergangenen Jahres hat. Hier würde ein Zurückgreifen auf die Streikteilnahme mit der Folge des völligen Wegfalls des Weihnachtsgeldes ohne weiteres alsMaßregelung einzustufen sein.

Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts kann deshalb in der zweiten Zah­lung keineMaßregelung erblickt werden. Der Zeitpunkt der Zahlung ist hier kein gerechtfertigtes Unterscheidungskriterium. Vielmehr sind beide Zahlungen als einheitlicher Vorgang im Zusammenhang mit dem Arbeitskampf zu sehen. Sie beziehen sich auf die Vergütung für die Streikarbeit und sind von der rechtli­chen Wertung dieses Tatbestandes abhängig. Es ist dargelegt worden, daß das Zusatzentgelt für die während des Streiks zu leistende Arbeit berechtigt und eine eventuelle maßvolle Nebenwirkung auf das Streikgeschehen nicht als unzulässig zu qualifizieren war. Damit unterfielen diese Zahlungen dem vom Arbeitnehmer zu tragenden Lohnrisiko. Dies kann aber nicht alsMaßregelung im Sinne die­ser Tarifvertragsklausel ausgelegt werden. Ein solcher Tatbestand kann durch das Maßregelungsverbot auch nicht zu einerDiskriminierung werden. Stand die Rechtmäßigkeit des Verhaltens einmal fest, so kann dies nicht durch den in­