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Humanität und Rationalität in Personalpolitik und Personalführung : Beiträge zum 60. Geburtstag von Ernst Zander / hrsg. von Helmut Glaubrecht und Dieter Wagner
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194 Arbeitszeitverkürzung bei vollem Lohnausgleich?

I Einführung und Problem

Seitdem die Arbeitslosigkeit eine Höhe erreicht hat, die es zwingend geboten er­scheinen läßt, ihr entgegenzutreten, ist die Verkürzung der Arbeitszeit als eine mögliche Maßnahme, Arbeitslosigkeit abzubauen, im Gespräch!.

Während in der Arbeitszeitverordnung von 1938 noch eine wöchentliche Ar­beitszeit von 48 Stunden festgelegt war, wurde sie im Laufe der 60er und der be­ginnenden 70er Jahre durch tarifvertragliche Vereinbarungen in der Regel auf 40 Stunden gesenkt.

Die Bestrebungen, eine 35-Stundenwoche einzuführen, setzten verstärkt ab etwa 1977 ein. Ein wesentlicher Beweggrund dafür war und ist auch heute noch der Kampf gegen die Arbeitslosigkeit. In den Tarifverträgen der Druckindustrie und der metallverarbeiterden Industrie wurde zum ersten Male 1984 die 40-Stunden­grenze nach unten durchstoßen.

Der Begriff Arbeitszeitverkürzung bezieht sich nicht nur auf die Wochenarbeits­zeit; es kann sich auch bei gleicher Wochenarbeitszeit um eine Verkürzung der Jahresarbeitszeit, z. B. durch eine Verlängerung des Jahresurlaubs, handeln. Schließlich besteht noch die Möglichkeit einer Verkürzung der Lebensarbeits­zeit, insbesondere durch ein früheres Ausscheiden der Arbeitnehmer aus dem Arbeitsprozeß?,

Die folgenden Betrachtungen knüpfen im wesentlichen an die Verkürzung der Wochenarbeitszeit an. Sie ließen sich in ganz ähnlicher Weise und mit weitge­hend übereinstimmenden Ergebnissen auch im Hinblick auf eine Verkürzung der Jahresarbeitszeit durchführen. Die Verkürzung der Lebensarbeitszeit hinge­gen wirft grundsätzlich andere Probleme auf?.

Daß die Verkürzung der Arbeitszeit die Unternehmen vor einer Reihe organisa­torischer und produktionstechnischer Probleme stellt, läßt sich leicht einsehen. Daß diese Probleme zumindest mittelfristig gelöst werden können, beweist die vorlaufend aufgezeigte Entwicklung derNormalarbeitszeit in den vergange­nen Jahrzehnten. Es ist nicht beabsichtigt, hier auf Probleme dieser Art einzuge­hen. Inzwischen liegt dazu eine reichhaltige und umfassende Literatur vor, auf die verwiesen werden kann.

Bei den Diskussionen um die Verkürzung der Wochenarbeitszeit(Jahresarbeits­zeit) ging es vielfach gar nicht so sehr darum, ob eine Verkürzung vorgenommen werden soll oder nicht; das Problem lag vielmehr darin, ob oder auch in wel­chem Umfange im Falle einer Arbeitszeitverkürzung ein Lohnausgleich gewährt werden soll. Hier gehen auch heute noch die Auffassungen weit auseinander; sie reichen von der extremen Forderung eines vollen Lohnausgleichs bis hin zur Ab­lehnung einer auch nur teilweisen Kompensation des mit der Arbeitszeitverkür­