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Humanität und Rationalität in Personalpolitik und Personalführung : Beiträge zum 60. Geburtstag von Ernst Zander / hrsg. von Helmut Glaubrecht und Dieter Wagner
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Arbeitszeitverkürzung bei vollem Lohnausgleich? 213

Würde man z.B. in einer solchen Situation eine Arbeitszeitverkürzung bei vol­lem Lohnausgleich vornehmen, so würde dadurch, wie in Abschnitt III. 2. dar­gelegt, das Nutzenniveau der in diesem Sektor Beschäftigten erhöht und damit ein Abwandern in andere aufnahmebereite Arbeitssektoren verhindert werden. Ferner würde der Zustrom zu dem überbesetzten Sektor nicht nur nicht ge­hemmt, sondern umgekehrt sogar noch gefördert werden.

Soll das Gegenteil bewirkt, nämlich ein Überwechseln zu anderen Arbeitssekto­ren gefördert und der Zustrom gedrosselt werden, dann muß die Lohnaus­gleichszahlung unterhalb der Kurve des kompensierenden Lohnausgleichs lie­gen. Ihre Höhe ist so bemessen, daß ein vernünftiger Kompromiß zwischen dem Gesichtspunkt 1(Vermeidung sozialer Härten) auf der einen und dem Gesichts­punkt 3(Steuerung der Arbeitskräfte in aufnahmefähige Arbeitssektoren) auf der anderen Seite erreicht wird.

Für den Fall, daß die soeben beschriebene Maßnahme 1 nach einer angemes­senen Übergangszeit noch nicht zu einem befriedigenden Ergebnis geführt hat, kann das folgende Vorgehen in Erwägung gezogen werden: Bei Fortbeste­hen des Überangebots an Arbeit(der betrachteten Art) nach Verwirklichung der Maßnahme 1 während eines längeren Zeitraums z.B. während eines Jahres ist die(Normal-)Arbeitszeit, von der ausgehend die Lohnausgleichszahlung be­rechnet wurde, nach unten zu korrigieren. Welche Folgen damit verbunden sind, sei an einem Beispiel verdeutlicht:

Die Normal-Arbeitszeit betrage 40 Stunden. Für die betrachtete Arbeitsart be­stehe schon seit über einem Jahr ein Überangebot, das zu einer Arbeitszeitver­kürzung um 20%, also auf 32 Wochenstunden geführt hat. Die Lohnausgleichs­zahlung wurde bislang, ausgehend von einer 40stündigen Wochenarbeitszeit, wie oben beschrieben berechnet. Nach Ablauf eines Jahres wird nun die Bezugszeit für die Errechnung des Lohnausgleichs von 40 z. B. auf 36 Stunden herabgesetzt. Die Bedeutung dieser Maßnahme liegt darin, daß die Lohnausgleichszahlungen dadurch fühlbar herabgesetzt werden.

Schon das Wissen darum, daß nach einer bestimmten Übergangszeit die Lohn­ausgleichszahlung gekürzt wird, schließlich falls das Wissen allein noch keine hinreichende Reaktion ausgelöst hat die Wirkung des relativ niedrigeren Loh­nes selbst, wird den Zustrom neuer Arbeitsuchender für diese Arbeitsart dros­seln. Wer eine Ausbildung in dieser Arbeitsart erwägt, weiß, daß der Lohn, ver­glichen mit anderen Arbeitsarten, relativ niedriger sein wird. Er wird sich überle­gen, ob er diesen Nachteil zugunsten des von ihm gewünschten Berufes(Arbeits­art) bereit ist, in Kauf zu nehmen, oder ob er nicht doch lieber einen anderen, stärker nachgefragten Beruf(Arbeitsart) wählen soll. Ferner: Arbeitnehmer, die bislang in der überbesetzten Arbeitsart tätig waren, werden zunehmend bemüht sein, sich für andere, stärker nachgefragte Arbeitsarten zu qualifizieren. Die