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Humanität und Rationalität in Personalpolitik und Personalführung : Beiträge zum 60. Geburtstag von Ernst Zander / hrsg. von Helmut Glaubrecht und Dieter Wagner
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Tendenzen der Aus- und Weiterbildung 225

darf nicht aus vordergründigen gesellschaftspolitischen Absichten zur Verände­rung des Schulsystems führen.

IV Bildungsverständnis und Legitimation der Wirtschaft

Bildung vollzieht sich in Spannungsfeldern: Sie ist der Tradition verpflichtet und auf Zukunft ausgerichtet, in gesellschaftlichen Rahmenbedingungen eingebun­den und auf freie Entwicklung der Persönlichkeit angelegt; sie muß sich verän­derten beruflichen Qualifikationsanforderungen stellen und zur flexiblen und verantwortlichen Gestaltung wachsender Freiheitsspielräume befähigen, wissen­schaftliche Erkenntnisse vermitteln und sich an der Praxis orientieren; Bildung muß von den realen Gegebenheiten der Welt ausgehen und von der Hoffnung auf eine lebenswerte Zukunft getragen sein, Zivilisationskritik aufnehmen, Kul­turpessimismus überwinden und Euphorie in eine positive und konstruktive Ver­antwortlichkeit überleiten.

Eine solche Betrachtungsweise läßt einseitige Akzentuierungen und extreme Pendelschläge im Bildungsverständnis vermeiden und Bildung nicht als eine entweder oder, sondern als einsowohl als auch für die Persönlichkeitsent­wicklung und für den gesellschaftlichen, d.h. wirtschaftlich-technischen und so­zialen Fortschritt begreifen.

Dieser Betrachtungsweise von Bildung entspricht auch das Grundverständnis der Wirtschaft, daß Schule und Hochschule eingebunden sind in die Gesellschaft und daher eine verantwortliche Verpflichtung gegenüber der Gesellschaft, auch der Zukunft, haben.

Im Interesse der Jugendlichen und der Gesellschaft müssen sich Schule und Hochschule öffnen für die Belange der Gesellschaft und damit auch der Wirt­schaft. Schulische Bildung ist eine wesentliche Grundlage und Voraussetzung für den wirtschaftlich-technischen und sozialen Fortschritt. Wenn sie sich den ge­sellschaftlichen Herausforderungen stellt, kann es dabei jedoch nicht ihre Auf­gabe sein, politische Defizite von Staat und Gesellschaft auszugleichen. Schule darf nicht von überzogenen gesellschaftlichen Ansprüchen überfrachtet und von Problemen erdrückt werden. Überstürzte und radikale Reformmaßnahmen sind nur dazu geeignet, die Leistungsfähigkeit der Schule zu minimieren. Bildung braucht bei aller notwendigen Öffnung für die Gesellschaft und ihre Verände­rungen auch die erforderliche Ruhe und einen gewissen Schonraum.

Nach Auffassung der Wirtschaft ist Bildung auf den Menschen in seiner Ganz­heit, auf die Gesamtpersönlichkeit ausgerichtet. Daraus leitet sich ein Bildungs­verständnis ab, das fachliche Bildung und Erziehung umfaßt. Die Schule sollte wieder mehr Mut zur Erziehung finden. Die Befähigung des Schülers zur Zu­