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Humanität und Rationalität in Personalpolitik und Personalführung : Beiträge zum 60. Geburtstag von Ernst Zander / hrsg. von Helmut Glaubrecht und Dieter Wagner
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236 Führungslehre Abschied vom Modelldenken

70% der Mitarbeiter wären nicht bereit, die mit der Delegation verbundene Verantwortung zu übernehmen,

aber von den Mitarbeitern erklären

90% sie könnten mehr Aufgaben in eigener Verantwortung übernehmen, wenn ihnen nur die notwendigen Kompetenzen übertragen würden.

Eine nähere Analyse ergab, daß bei den so einfachen Grundannahmen für das Delegationsprinzip drei ganz einfache Voraussetzungen nur in bestimmten Fäl­len gegeben sind:

® Abhängigkeit von der Aufgabenstruktur. Nicht jeder Aufgabenbereich ist delegationsfähig. Je stärker die Interdependenzen von Teilleistungen sind, umso weniger Delegationsraum besteht. Gleiches gilt, wenn der Umfang der Interdependenzen zu gering ist. Delegationsbereite Vorgesetzte. Voraussetzung für eine Delegation ist, daß der Vorgesetzte das notwendige Vertrauen in die Fähigkeiten des Mitarbei­ters hat. Dies wird umso schwerer, je mehr der Vorgesetzte damit rechnen muß, daß er wegen einer mangelhaften Leistung eines Mitarbeiters zur Ver­antwortung gezogen wird. Delegationsfähige Mitarbeiter. Menschen sind nicht gleich und es ist falsch zu erwarten, daß jeder daran interessiert ist, ein Höchstmaß an eigener Ver­antwortung zu übernehmen. Dies umso mehr, je stärker sich die Bereiche der Erfüllung persönlicher Lebenserwartungen von der Arbeitswelt in die Frei­zeit verlagern. Hierüber darf der hohe Anteil der Antworten der Mitarbeiter, daß sie bereit wären, mehr Aufgaben in eigener Verantwortung zu überneh­men, nicht hinweg täuschen. Weitergehende Interviews haben hier ergeben, daß in einem nicht unerheblichem Maße weniger die Verantwortung gefragt war, die man gerne dort lassen würde, wo sie ist, als vielmehr die mit den Aufgaben verbundene Kompetenz.

2 Harzburger Modell

Zu Beginn der 50er Jahre bestanden auf allen Bereichen erhebliche Wachstums­chancen. Der Markt war groß, dasFührerprinzip einer vergangenen Epoche überholt. Amerika schien nicht nur der Hort wirtschaftlichen Wohlstandes und das Mekka der Führungskunst und der erfolgreichen Managementlehre zu sein. Von dort hieß es, zu lernen.

Management by Delegation war die erste große Modewelle. Noch bevor sich die US amerikanischen Consulting Firmen auf dem deutschen Markt etablieren konnten, hatte Höhn dasHarzburger Modell in seinen Grundzügen entwik­kelt. Lange Zeit galt es als das Wundermittel einer modernen Technik für erfolg­reiche Unternehmensführung. Tausende von Firmen schickten ihre Führungs­