Führungslehre— Abschied vom Modelldenken 237
kräfte nach Bad Harzburg zur Akademie für Führungskräfte der Wirtschaft, um die neue Methode kennenzulernen. Geprägt von der Denkweise des Juristen und Generalstabsoffiziers, verbunden mit dem unerschütterlichen Glauben an die Allmacht des geschriebenen Wortes, propagierte Höhn in einer Vielzahl von Veröffentlichungen(seine Bücher haben die höchsten Auflagen der deutschen Managementliteratur) ein straffes, klar gegliedertes System von Regeln und Instrumenten. Aufbauend auf den schriftlich kodifizierten„allgemeinen Führungsanweisungen“ über Stellenbeschreibungen, Vollmachtenkatalogen, Beurteilungsrichtlinien, Normen und Regeln für Besprechungen und Gesprächsführung usw. sollte die Idee vom mündigen Mitarbeiter durchgesetzt werden.
Wegen des stark formalistischen Charakters dieses Modells und seines instrumentellen Anspruchs konnte es in seiner„Reinkultur“ kaum verwirklicht werden. Die Mehrzahl der Firmen brach die Bemühungen vorher ab. Fast alle während der Untersuchung befragten Firmen, die das Harzburger Modell einzuführen versuchten, sind bei Teilergebnissen stecken geblieben, haben einzelne Ansätze übernommen und verschiedene Teile des Systems mehr oder weniger gut auf ihre Verhältnisse zurechtgerückt beibehalten. Ungeachtet dieses Ergebnisses hat aber das Harzburger Modell in Deutschland die Denkweisen geprägt und den Boden für die Einführung systematisierter Führungsorganisationen vorbereitet.
3 Prinzip der Zielvorgaben
Mit dem Abklingen der Euphorie um das Harzburger Modell begannen immer mehr Unternehmen das Heil in der meist kritiklosen Übernahme von den von amerikanischen Beratungsfirmen propagierten Konzepten zu suchen. Besondere Bedeutung erlangte hier das Management by Objectives(MbO).
Nicht mehr ein systematisiertes voll integriertes bis in das einzelne durchdachtes instrumentelles Regelwerk wie beim Harzburger Modell sollte die Grundlage bilden, sondern die einfache Ausrichtung aller Führungskräfte auf vorgegebene, vereinbarte Ziele. Diese Ziele, jeweils in Stellenbeschreibungen fixiert, sollten für die Führungskräfte einen größeren Rahmen für die Entfaltung ihrer Möglichkeiten bieten. Das MbO war der große„Führungsstilschlager“ der 60er bis zum Beginn der 70er Jahre.
Da sich Menschen stärker mit Zielen identifizieren, an deren Erstellung sie selbst mitgewirkt haben, unterscheidet man eine autoritäre Variante, bei der die Ziele von der Unternehmensleitung vorgegeben werden und eine kooperative Variante, bei der die Mitarbeiter am Zielbildungsprozeß beteiligt sind.
Die erwähnte, noch laufende Untersuchung ergab:
a) Die kooperative Variante der Zielvereinbarung läßt sich nur in relativ wenigen Fällen konsequent durchführen. Meist werden durch wechselseitige Ver