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Humanität und Rationalität in Personalpolitik und Personalführung : Beiträge zum 60. Geburtstag von Ernst Zander / hrsg. von Helmut Glaubrecht und Dieter Wagner
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Führungslehre Abschied vom Modelldenken 255

halten werden, kann er seiner Aufgabe nur gerecht werden, wenn er im bestimm­ten Umfang Kontrollen durchführt.

Zuviele Kontrollen machen den Mitarbeiter unselbständig, zu wenig Kontrollen gefährden Zusammenarbeit und Koordination. Aber Kontrolle ist nicht nur ein Steuerungsinstrument, sondern kann auch als Disziplinierungsmittel und als ein Instrument zur Selbstbestätigung des Vorgesetzten mißbraucht werden.

© Einzelverantwortung versus Gesamtverantwortung

Das Delegationsprinzip fordert zwar die Trennung von Handlungsverantwor­tung für die Mitarbeiter und Führungsverantwortung für den Vorgesetzten. Da sich aber beide Bereiche in der Realität nur sehr schwer trennen lassen, wird in aller Regel der Vorgesetzte auch für Fehler der Mitarbeiter mit verantwortlich gemacht, mit der Folge, daß er sich auch für deren Fehler mitzuständig fühlt. Damit wird der Vorgesetzte in eine Position gedrängt, in der er glaubt, eine Ver­antwortung übernehmen zu müssen, die er in diesem Umfang gar nicht überneh­men kann.

® Fachwissen versus Führungswissen

Aufgrund der vertikalen Arbeitsteilung zwischen Vorgesetzten(Koordinations­und Führungsaufgaben) und Mitarbeitern(Ausführungsaufgaben) wird vielfach behauptet, daß der Vorgesetzte das, was die Mitarbeiter erledigen, nicht so gut kennen müsse wie diese selbst. Seine Aufgabe wäre eine Führungsaufgabe und die liege auf einem anderen Gebiet. Auf der anderen Seite muß aber der Vorge­setzte in der Lage sein, Leistungen der Mitarbeiter kompetent zu bewerten und zu beurteilen. Zu diesem Zweck muß er Einzelheiten und Schwierigkeiten der Arbeitsdurchführung, die Möglichkeit von Fehlern, und die Methoden zur Be­seitigung dieser Fehler kennen. Dazu genügt Führungswissen allein nicht. Aber zu starke Beschäftigung mit fachlichem Teilwissen beeinträchtigt den Überblick und damit die Koordinationsaufgabe und Integrationsfähigkeit.

® Wettbewerb versus Teamarbeit

Ein arbeitsteiliges Wirtschaften setzt koordinierte Zusammenarbeit voraus. Die­se erfordert Bereitschaft zum Kompromiß und die Anerkennung berechtigter Forderungen anderer. In einer wettbewerbsorientierten Gesellschaftsform und bei hierarchisch gegliederten Strukturen stehen Individuen und Gruppen im Wettbewerb um knappe Mittel. Es setzt sich immer derjenige erfolgreicher durch, der dynamischer, klüger, schneller und egoistischer als andere handelt. Genügsamkeit, Hilfsbereitschaft usw. sind Tugenden, die zwar die Zusammen­arbeit fördern, jedoch im Wettbewerb um den Aufstieg hinderlich sind.