256 Führungslehre— Abschied vom Modelldenken
® Eigennutz versus Gemeinnutz
Die These der klassischen liberalen Nationalökonomie, wonach gleichsam eine „unsichtbare Hand“ dafür sorge, daß beim Streben nach Eigennutz auch gleichzeitig der größte Nutzen für die Allgemeinheit entsteht, könnte man auch auf das Unternehmen übertragen. Das Streben nach eigener egoistischer Vorteilssicherung(z.B. Streben nach Gehalt, Gewinnbeteiligung usw.) leistet auch einen Beitrag für das Ganze. In der Realität stößt diese These rasch auf ihre Grenzen. Im volkswirtschaftlichen Bereich sind es Monopolrendite, Umweltbelastung usw. Im betrieblichen Bereich führt zu weit getriebenes egoistisches Vorteilsstreben zu einer Abwehrhaltung anderer.
2.2 Auf der Ebene des Verhältnisses Vorgesetzter und Mitarbeiter ® Persönlichkeit versus Leistungsfaktor
Entscheidend für Führungsverhalten und Mitarbeiterreaktion ist die Grundeinstellung, wie der Vorgesetzte den Mitarbeiter sieht. Sieht er ihn stärker als Leistungsfaktor, als eine Art Einsatzgröße im Produktionsprozeß oder als soziales Wesen mit all seinen Stärken und Schwächen. Bei einer arbeitsteiligen, leistungsorientierten Organisation darf er keine der beiden alternativen Aspekte vernachlässigen.
® Individualität versus Normung
Der Mensch ist als Individuum ein vielschichtiges Wesen. Im Leistungsprozeß des Unternehmens wird jedoch nur ein Teil seiner Persönlichkeit gefordert, nämlich derjenige, der zur Leistungserfüllung notwendig ist. Im Hinblick auf einen reibungslosen Arbeitsablauf müssen sich Individuen einheitlichen Normen anpassen und in ihrem Verhalten und Handeln in den einzelnen Positionen austauschbar sein. Dies zwingt zu einem Verzicht auf Rücksichtnahmen von menschlichen Eigenheiten. Auf der anderen Seite verlangt die Beachtung der Würde des Menschen, daß er in seiner ganzen Persönlichkeit anerkannt wird und Berücksichtigung findet.
®@ Leistung versus Zufriedenheit
Durch die„human relations-Bewegung“ war die Einsicht gefördert worden, daß zufriedene Mitarbeiter gute Mitarbeiter sind. Aber zu hohe Zufriedenheit führt zu Sattheit, Bequemlichkeit und Trägkeit. Bequeme und träge Mitarbeiter sind jedoch meist nicht leistungsorientiert. Ein Vorgesetzter, der Leistung erreichen will, muß seine Mitarbeiter herausfordern und anspornen. Er muß sie unzufrieden machen, da nur aus der Unzufriedenheit heraus ein Streben nach einer Veränderung entsteht.
