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Humanität und Rationalität in Personalpolitik und Personalführung : Beiträge zum 60. Geburtstag von Ernst Zander / hrsg. von Helmut Glaubrecht und Dieter Wagner
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Unternehmenskultur und Führungsgrundsätze 287

machen und um die Bereitstellung von Organisationsstrukturen, die ein bewegli­ches Verhalten unter Berücksichtigung der wechselnden Ziele und Bedingungen ermöglichen und nicht behindern... Nur weil Menschen an Unternehmungen und ihrem Verhalten interessiert sind und diese Gebilde selbst aus Menschen be­stehen, entsteht die Notwendigkeit der Wertung aller Zustände, Vorgänge und Absichten; wo Menschen handeln, entstehen zwangsläufig Wertprobleme.

Gedanken wie diese führen unmittelbar zu Definitionen von Unternehmenskul­tur hin. Sie wird von Ulrichs St. Galler Kollegen Cuno Pümpin, mit den Worten charakterisiert:

Unter Unternehmenskultur verstehen wir sämtliche in der Unternehmung gel­tenden Werthaltungen, Meinungen und Normen, die das Verhalten der Mitar­beiter bestimmen. Es handelt sich um ungeschriebene Gesetze, deren Befolgung bewußt oder unbewußt von den Organisationsangehörigen gefordert wird, und deren Nichtbefolgen in der Regel Benachteiligungen mit sich bringt.

Eine wieder andere Interpretation bietet der Präsident des Wissenschaftszen­trums Berlin, Prof. Dr. Meinolf Dierkes, der sich ebenfalls intensiv mit der Er­forschung und Darstellung von Unternehmenskultur befaßt. Dierkes schreibt:

Warum kommen beispielsweise vergleichbare Unternehmen unterschiedlich er­folgreich mit der Umwelt zurecht? Oder warum ist innerhalb eines einzelnen Un­ternehmens die Fähigkeit, gesellschaftliche Herausforderungen zu erkennen und damit umzugehen, in einzelnen Bereichen z. B. dem Personalwesen oder der Ver­braucherpolitik unterschiedlich stark entwickelt? Diese Beobachtungen aus der Praxis deuten auf andere betriebsinterne Faktoren hin, die die Stärken und Schwächen des Unternehmens im Umgang mit Umweltanforderungen maßgeb­lich beeinflussen. Neuere Forschungen, die sich mit dieser Problematik beschäf­tigt haben, fassen diese Faktoren als Unternehmenskultur zusammen.

Meinolf Dierkes machte nämlich im Rahmen einer 8-jährigen Auftragsarbeit bei der Schweizer Migros eine interessante Feststellung: dieses von dem ob seines so­zialen Engagements international gerühmten Schweizer Unternehmer Georg Duttweiler gegründete Unternehmen erwies sich für alle Veränderungen und An­regungen auf dem Sektor der Verbraucherpolitik als außerordentlich aufge­schlossen und flexibel. Auf dem Sektor des Personalen aber begegnete er nur we­nig Interesse und einer fast ablehnenden Haltung allen Neuerungen gegenüber. Daraus zog er den Schluß:Die wollten eigentlich gar nicht so sehr verkaufen, sondern wollten Probleme lösen, und dabei waren sie enorm erfolgreich. Ande­rerseits konnte sich schon der Herr Duttweiler, für den Arbeit stets auch gleich Freude und Erfolg bedeutete, überhaupt nicht vorstellen, daß Leute auch noch Geld verdienen müssen, so daß die Personalpolitik für ihn immer hintenrunter fiel.