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Humanität und Rationalität in Personalpolitik und Personalführung : Beiträge zum 60. Geburtstag von Ernst Zander / hrsg. von Helmut Glaubrecht und Dieter Wagner
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Sicherung des Führungsnachwuchses 315

Zuständigkeiten und organisationale Zuordnungen hinreichend präzise definiert sind?, Auch nach der offiziellen Einsetzung der Nachwuchskraft in ihren neuen Führungsbereich wird man in vielen Fällen die bisherige Förderung nicht abrupt beenden können. Zumindest die unmittelbaren Vorgesetzten der Führungsposi­tion, die die Nachwuchskraft übernommen hat, werden in der Regel ihren Einar­beitungs- und Eingewöhnungsprozeß beobachten und bei Bedarf subsidiäre Un­terstützung geben müssen. Die Zuleitung der einschlägigen Führungsinformatio­nen, die Beteiligung an den Führungsbesprechungen, die Beratung in kritischen Problemfällen sowie die Teilnahme an Führungskräfte-Schulungen geben der ehemaligen Nachwuchskraft die Möglichkeit, sich zur vollen Eigenständigkeit in der übertragenen Führungsposition zu entwickeln. Mit diesem Stadium schlie­ßen dann die Bemühungen um diese Nachwuchskraft ab.

V Einzelprobleme der Nachwuchssicherung

Dieser Überblick über fünf Phasen der Sicherung des Führungsnachwuchses in größeren und großen Unternehmen zeigt, daß mit dieser Führungsaufgabe eine Reihe von Gestaltungsproblemen verbunden sind. Zusätzlich zu den bereits ge­nannten Problemkreisen sind drei weitere Aspekte zu erwähnen.

Die mittel- und längerfristige Prognose des Bedarfs an Führungskräften basiert unvermeidbar auf mehr oder weniger unvollkommenen Informationen über die Zukunft des Unternehmens. Die Bedarfsprognosen, an denen sich quantitativ, qualitativ und terminlich die Heranbildung des Führungsnachwuchses orien­tiert, unterliegen daher einem gewissen Grad von Ungewißheit?!. Zum Ausgleich dieses Prognose- und Planungsrisikos kann man an eineFührungs-Reserve denken, die dadurch entsteht, daß man die Zahl der zu fördernden Nachwuchs­kräfte über den erwarteten Bedarf hinaus ausdehnt. Diese Art der personalpoli­tischen Risikohandhabung führt u.U. zu einerVorratshaltung an Führungs­potential im Unternehmen. Zweifellos beeinflußt dieses Risikoverhalten die Per­sonalkosten und ist deshalb auch unter ökonomischen Gesichtspunkten zu beur­teilen; die höheren Personalkosten(als eine Art Risikoprämie) sind gegen die Nachteile einer Nachwuchsvorsorge abzuwägen, die vom tatsächlichen künfti­gen Bedarf an Führungskräften abweicht. Zusätzlich zur Kostenbetrachtung ist bei der Anlage einer Führungsreserve zu beachten, daß sie bei den überschüssi­gen Nachwuchskräften zur Unzufriedenheit und bei bestimmten Gegebenheiten auch zu einem Anstieg ihrer Fluktuationsneigung führen kann. Diesem negati­ven Effekt einer Reservehaltung an Führungspotential steht ein Theorem gegen­über, das gelegentlich in der angelsächsischen Managementliteratur erwähnt wird und das in einem Überschuß an vorhandenem Führungspotential über den aktuell gegebenen Führungsbedarf hinaus eine Voraussetzung und Chancen für das Wachstum eines Unternehmens sieht.