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Humanität und Rationalität in Personalpolitik und Personalführung : Beiträge zum 60. Geburtstag von Ernst Zander / hrsg. von Helmut Glaubrecht und Dieter Wagner
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322 Neuordnung der Leiharbeit

Lee GBR

how anbelangt, darf dieses nicht als unveränderlich angesehen werden, das der Personalwirtschaft vorgegeben wäre. Vielmehr müssen wir feststellen, daß die Ausgliederung von Arbeiten aus den Aufgaben der Stammbelegschaften oft erst zum Verlust des zuvor vorhandenen Know-hows führte.

Auf die Ausbildung bezogen ergeben sich sogar erhebliche Gefahren für das dualistische Berufsbildungssystem, die früher oder später auf die Produktions­unternehmen zurückfallen werden. Verleihunternehmen ebenso wie kleinere Fremdunternehmen, die auf Werkvertragsbasis arbeiten, schöpfen bislang größ­tenteils ihre Fachkräfte aus einem Potential, das seine Ausbildung noch als Stammarbeiter der Produktionsunternehmen erhalten hat. Bei vielen Fremdfir­men wird die Ausbildung und Weiterbildung vernachlässigt. Von Verleihern wird Ausbildung dies ergibt sich schon aus der Struktur der Betriebe nicht betrieben. Die Produktionsunternehmen aber werden tendenziell die Ausbildung weiterer Fachkräfte reduzieren, je mehr sie entsprechendes Personal von Fremd­unternehmen und Verleihern einsetzen können. Diese Entwicklung kann sich in absehbarer Zeit für die auf hochspezialisierte Fachkräfte angewiesene deutsche Wirtschaft zu einem fatalen circulus vitiosus schließen.

IV Die betriebssoziologische und arbeitsrechtliche Situation der Fremdfirmen-Arbeitnehmer

Was sich aus der Sicht der auftraggebenden Unternehmen betriebswirtschaftlich als Einsparung an Personal- und Personalnebenkosten darstellt, ist arbeitsrecht­lich nichts anderes als eine Verlagerung traditionell dem Auftraggeber(Arbeitge­ber) zugewiesener Beschäftigungsrisiken auf die Fremdfirmen, die dies häufig wieder auf ihre Arbeitnehmer abwälzen.

Auch insoweit sind die Zahlen beängstigend: War noch der Gesetzgeber des AÜUG davon ausgegangen, eine Vielzahl kurzfristiger Beschäftigungsmöglichkei­ten beim Entleiher könne zur Schaffung von Dauerarbeitsplätzen bei Verleihern genutzt werden, so wird dies durch die betriebliche Wirklichkeit widerlegt.!* Aus der amtlichen Statistik der Bundesanstalt für Arbeit ergibt sich, daß 75% aller Zeitarbeitsverhältnisse nicht einmal drei Monate dauern.'® Das Landesarbeits­amt NRW hat für seinen Bereich errechnet, daß praktisch alle sechs Wochen der gesamte Personalbestand der Verleiher ausgewechselt wird. Noch erschrecken­der ist dabei die Erkenntnis des Landesarbeitsamtes, daß dies allzuoft erreicht wird durch

in der Regel unberechtigte fristlose Kündigungen der Verleiher, häufig provozierte Eigenkündigung der Leiharbeitnehmer, unzulässige Befristungen und