Druckschrift 
Humanität und Rationalität in Personalpolitik und Personalführung : Beiträge zum 60. Geburtstag von Ernst Zander / hrsg. von Helmut Glaubrecht und Dieter Wagner
Seite
323
Einzelbild herunterladen

Neuordnung der Leiharbeit 323

oft schon bei Arbeitsantrittblanko unterschriebene Eigenkündigungen der Arbeitnehmer.'®

Neben einemHeuern und Feuern drücken die Fremdfirmenmitarbeiter unmit­telbar und fühlbar die schlechten Entgeltbedingungen, zu denen sie oftmals ar­beiten müssen. So bezeichnet das LAA NRW für den Bereich der legalen Arbeit­nehmerüberlassung Bruttolöhne für Männer von 7,50 DM/Std. und für Frauen oftmals noch darunter als nicht ungewöhnlich.! Berücksichtigt man, daß selbst Branchenkennern von den 2017 Verleihbetrieben!® nur 3 Betriebe mit einem Be­triebsrat bekannt sind!?® und tarifvertragliche Regelungen praktisch völlig fehlen, so wird deutlich, warum jedenfalls im Bereich der Leiharbeit das Niveau der ma­teriellen Arbeitsbedingungen weit unter den Leistungen anderer Branchen liegt und oft nicht einmal gesetzliche Ansprüche wie Lohnfortzahlung im Krankheits­fall und Urlaubsansprüche erfüllt werden.

In dieses Bild fügen sich die Erkenntnisse einer bei der Gewerbeaufsicht in Nordrhein-Westfalen gebildeten Sondergruppe zur Überwachung des Fremdfir­meneinsatzes nahtlos ein:

Bei Kontrollen auf dem Werksgelände von insgesamt 28 Großfirmen wurden im Sommer 1986 2796 Fremdarbeitsplätze von 288 Fremdfirmen untersucht. Als Ergebnis kann man zusammenfassen: Beinahe überall, wo kontrolliert wurde, gab es für die Gewerbeaufsicht auch Anlaß zu Beanstandungen.

So ergab sich in 88 Fällen Verdacht auf unzulässige Arbeitnehmerüberlassung, Schwarzarbeit, Leistungsmißbrauch oder Beschäftigung von Arbeitnehmern ohne Arbeitsgenehmigung. In 311 Fällen wurden zum Teil gravierende Arbeits­zeitverstöße ermittelt. Darunter waren in 91 Fällen Arbeitszeiten von zwölf bis vierzehn Stunden und in 31 Fällen sogar Arbeitszeiten von 16 bis 18 Stunden.

Hinzu kamen noch in weit über hundert Fällen Verstöße gegen Ruhezeiten und Pausenregelungen sowie von unzulässiger Sonntagsarbeit. In vielen hundert Fäl­len wurden Mängel beim technischen Arbeitsschutz und beim Gesundheitsschutz festgestellt Mängel an Geräten und Gerüsten, Mängel an elektrischen Anla­gen, Mängel bei der Be- und Entlüftung, Gefährdung beim Umgang mit gefähr­lichen Arbeitsstoffen, unzureichende Tagesunterkünfte und fehlende Schutz­kleidung.

Bedrückend ist auch die Zahl der im Zusammenhang mit illegaler Leiharbeit festgestellten Straftaten: Allein 1985 wurden in der Bundesrepublik Deutschland 772 Verfahren gegen illegale Verleiher und 207 Verfahren gegen Entleiher an die Staatsanwaltschaft abgegeben. Dabei muß man sich vor Augen halten, daß nach Ansicht des Präsidenten der Bundesanstalt, die von allen Experten geteilt wird, die Zahl der aufgedeckten Verstöße nur dieSpitze des Eisberges erkennen Jäßt.20 Dies bestätigen auch Erkenntnisse der Schwerpunktstaatsanwaltschaft