364 Organisation und Personal
3 Integrationsperiode
Heute sieht sich die Bundesrepublik Deutschland in stärkerem Maße als lediglich zu Beginn der Fünfziger Jahre mit dem Problem der Arbeitslosigkeit konfrontiert. Trotzdem sind gut ausgebildete und hoch qualifizierte Arbeitskräfte nach wie vor knapp. Diese Ungleichgewichte auf dem Arbeitsmarkt werden begleitet von vielfältigen technologischen, gesellschaftlichen und gesetzlichen Änderungen. Sie haben zur Folge, daß die Personalkosten überdurchschnittlich steigen und der Handlungsspielraum der Unternehmer weiter eingeschränkt wird. In diesem Zusammenhang nimmt auch die Sachorientierung der Personalwirtschaft ab. Politische Überlegungen gewinnen angesichts der unternehmens- und betriebsverfassungsrechtlichen Mitbestimmung der Arbeitnehmervertreter an Bedeutung. Zander spricht in diesem Zusammenhang von einem sozialpolitischen Ressort mit vielfältigen Sachaufgaben.!8
Er vertritt dabei zu Recht die Auffassung, daß der Weg von der Lohn- und Gehaltsstelle zum Vorstandsressort— mit geringen Ausmaßen— nicht durch Einsicht in die unternehmerische Bedeutung der Personalwirtschaft geebnet worden ist. Versuche, rechtzeitig durch gesetzliche Vorkehrungen ein eindeutig sachorientiertes unternehmerisches Personalressort gesetzlich vorzusehen, sind schließlich zuletzt bei der Aktienrechtsreform 1965 gescheitert. Politische Kurzsichtigkeit und falsch verstandene Sparsamkeit verhinderten damals die Schaffung der gesetzlichen Voraussetzungen dafür, daß den größeren Aktiengesellschaften ein Personalvorstand zur Pflicht gemacht wurde. Hierdurch ist ein Vakuum entstanden, das die Gewerkschaften erfolgreich mit ihrer politischen Forderung nach einem Arbeitsdirektor füllen konnten.!?
Inzwischen kann man davon ausgehen, daß die Arbeit des Personalwesens in der etablierten Unternehmung zumindest als Dienstleistungsfunktion(Servicefunktion) anerkannt ist. Personalarbeit ist darüber hinaus ein unbestrittener Bestandteil der Personalführung geworden. Dies gilt nicht nur für die eher schon traditionelle Zusammenarbeit im Bereich der klassischen Funktionen des Personalwesens(z.B. Einstellung, Einsatz, Versetzung), sondern auch für die Beratung in Fragen des individuellen und kollektiven Arbeitsrechts(Betriebs- und Unternehmungsverfassung) und für die oft komplizierten Fragen im Rahmen der Sozialversicherung.
Umstrittener ist die Bedeutung des Personalwesens bei strategischen Überlegungen. Hier wird von seiten der Gewerkschaften oft zu Recht der Vorwurf erhoben, der Personalvorstand sei mit seinem Ressort ein eher nachgeordneter Erfüllungsgehilfe für die Überlegungen seiner Kollegen, die für die Leitung der meist gewinnorientierten Unternehmensbereiche oder für die Ressorts Marketing und Vertrieb verantwortlich sind.
