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Humanität und Rationalität in Personalpolitik und Personalführung : Beiträge zum 60. Geburtstag von Ernst Zander / hrsg. von Helmut Glaubrecht und Dieter Wagner
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364 Organisation und Personal

3 Integrationsperiode

Heute sieht sich die Bundesrepublik Deutschland in stärkerem Maße als lediglich zu Beginn der Fünfziger Jahre mit dem Problem der Arbeitslosigkeit konfron­tiert. Trotzdem sind gut ausgebildete und hoch qualifizierte Arbeitskräfte nach wie vor knapp. Diese Ungleichgewichte auf dem Arbeitsmarkt werden begleitet von vielfältigen technologischen, gesellschaftlichen und gesetzlichen Änderun­gen. Sie haben zur Folge, daß die Personalkosten überdurchschnittlich steigen und der Handlungsspielraum der Unternehmer weiter eingeschränkt wird. In diesem Zusammenhang nimmt auch die Sachorientierung der Personalwirt­schaft ab. Politische Überlegungen gewinnen angesichts der unternehmens- und betriebsverfassungsrechtlichen Mitbestimmung der Arbeitnehmervertreter an Bedeutung. Zander spricht in diesem Zusammenhang von einem sozialpoliti­schen Ressort mit vielfältigen Sachaufgaben.!8

Er vertritt dabei zu Recht die Auffassung, daß der Weg von der Lohn- und Ge­haltsstelle zum Vorstandsressort mit geringen Ausmaßen nicht durch Ein­sicht in die unternehmerische Bedeutung der Personalwirtschaft geebnet worden ist. Versuche, rechtzeitig durch gesetzliche Vorkehrungen ein eindeutig sach­orientiertes unternehmerisches Personalressort gesetzlich vorzusehen, sind schließlich zuletzt bei der Aktienrechtsreform 1965 gescheitert. Politische Kurz­sichtigkeit und falsch verstandene Sparsamkeit verhinderten damals die Schaf­fung der gesetzlichen Voraussetzungen dafür, daß den größeren Aktiengesell­schaften ein Personalvorstand zur Pflicht gemacht wurde. Hierdurch ist ein Va­kuum entstanden, das die Gewerkschaften erfolgreich mit ihrer politischen For­derung nach einem Arbeitsdirektor füllen konnten.!?

Inzwischen kann man davon ausgehen, daß die Arbeit des Personalwesens in der etablierten Unternehmung zumindest als Dienstleistungsfunktion(Servicefunk­tion) anerkannt ist. Personalarbeit ist darüber hinaus ein unbestrittener Bestand­teil der Personalführung geworden. Dies gilt nicht nur für die eher schon tradi­tionelle Zusammenarbeit im Bereich der klassischen Funktionen des Personal­wesens(z.B. Einstellung, Einsatz, Versetzung), sondern auch für die Beratung in Fragen des individuellen und kollektiven Arbeitsrechts(Betriebs- und Unter­nehmungsverfassung) und für die oft komplizierten Fragen im Rahmen der So­zialversicherung.

Umstrittener ist die Bedeutung des Personalwesens bei strategischen Überlegun­gen. Hier wird von seiten der Gewerkschaften oft zu Recht der Vorwurf erho­ben, der Personalvorstand sei mit seinem Ressort ein eher nachgeordneter Erfül­lungsgehilfe für die Überlegungen seiner Kollegen, die für die Leitung der meist gewinnorientierten Unternehmensbereiche oder für die Ressorts Marketing und Vertrieb verantwortlich sind.