Entwicklungstendenzen der Personalwirtschaftslehre 393
c) Eine dritte Kategorie von Projektionen kann sich schließlich nur noch insofern auf die Gegenwart stützen, als deren empfundene Defizite als Impulse für Innovationen wirken. In diesem Fall liefert die Gegenwart keine vorgezeichneten Tendenzen, sondern Kriterium ist die Prioritätenzuweisung durch die einzelnen Forscher und deren Fähigkeit, Unterstützung zur Lösung der von ihnen als wichtig erachteten Probleme zu aktivieren. Ein Katalog derartiger Defizite wurde von Mitgliedern der wissenschaftlichen Kommission Personalwesen im Verband der Hochschullehrer für Betriebswirtschaft auf der Grundlage eines Brainstorming erstellt!?.
Versucht man eine generelle Perspektive für die Entwicklung der Personalwirtschaft zu geben, die von Einzelaspekten abstrahiert, so wird die künftige personalwirtschaftliche Forschungsarbeit vermutlich von zwei globalen Entwicklungslinien geleitet sein, in denen sich einerseits eine Tendenz der Integrierung und andererseits eine Tendenz der Differenzierung äußert. Im folgenden soll versucht werden, diese anhand der oben gewählten Analyseebenen zu verdeutlichen, wobei ggf. Tendenzaussagen verschiedener Ordnungsebenen zusammenfließen.
1 Integration und Differenzierung im Bereich der Wertorientierung
Fragt man nach Differenzierungserfordernissen im Bereich der Wertorientierung, so betrifft dies insbesondere die soziale Effizienz. Das Ausmaß der sozialen Effizienz personalwirtschaftlichen Handelns wird durch die Befriedigung der Bedürfnisse bzw. Interessen der Mitarbeiter bestimmt. Um diese aber als Effizienzmaßstab vorgeben zu können, ist es erforderlich, Bedürfnisse und Interessen in möglichst konkreter und operationaler Form zu fassen. Die bisherigen Konkretisierungsversuche!* stützen sich dabei im wesentlichen auf die sogenannten humanistischen Motivationstheorien von Maslow und Herzberg. Dabei tauchen dann die Probleme der konkurrierenden Beziehungen zwischen den Bedürfniskategorien, der unterschiedlichen Dringlichkeitsordnungen oder der Interessendynamik auf, welche die Validität derartiger Kataloge— unabhängig vom Realitätsgrad des in den Motivationstheorien implizierten Menschenbildes — in Frage stellen. Zudem lassen sich mit Sicherheit Individualbedürfnisse nicht ohne weiteres in Kollektivinteressen überführen.
Das Konstrukt der sozialen Effizienz als konstitutives Merkmal einer arbeitnehmerorientierten Position wie auch eines harmonie- oder konfliktorientierten Interessenausgleichs bedarf stärkerer Differenzierung. Sehr deutlich wird dies durch die aktuelle Diskussion über den sog.„Wertewandel“!5, Auch wenn durchaus nicht als gesichert gelten kann, daß es dieses von Noelle-Neumann auch für die Bundesrepublik behauptete Phänomen tatsächlich gibt, kann wohl nach einer weitgehenden Sättigung der konsumtiven Grundbedürfnisse von einer