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Humanität und Rationalität in Personalpolitik und Personalführung : Beiträge zum 60. Geburtstag von Ernst Zander / hrsg. von Helmut Glaubrecht und Dieter Wagner
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Entwicklungstendenzen der Personalwirtschaftslehre 393

c) Eine dritte Kategorie von Projektionen kann sich schließlich nur noch inso­fern auf die Gegenwart stützen, als deren empfundene Defizite als Impulse für Innovationen wirken. In diesem Fall liefert die Gegenwart keine vorge­zeichneten Tendenzen, sondern Kriterium ist die Prioritätenzuweisung durch die einzelnen Forscher und deren Fähigkeit, Unterstützung zur Lösung der von ihnen als wichtig erachteten Probleme zu aktivieren. Ein Katalog derarti­ger Defizite wurde von Mitgliedern der wissenschaftlichen Kommission Per­sonalwesen im Verband der Hochschullehrer für Betriebswirtschaft auf der Grundlage eines Brainstorming erstellt!?.

Versucht man eine generelle Perspektive für die Entwicklung der Personalwirt­schaft zu geben, die von Einzelaspekten abstrahiert, so wird die künftige perso­nalwirtschaftliche Forschungsarbeit vermutlich von zwei globalen Entwick­lungslinien geleitet sein, in denen sich einerseits eine Tendenz der Integrierung und andererseits eine Tendenz der Differenzierung äußert. Im folgenden soll versucht werden, diese anhand der oben gewählten Analyseebenen zu verdeutli­chen, wobei ggf. Tendenzaussagen verschiedener Ordnungsebenen zusammen­fließen.

1 Integration und Differenzierung im Bereich der Wertorientierung

Fragt man nach Differenzierungserfordernissen im Bereich der Wertorien­tierung, so betrifft dies insbesondere die soziale Effizienz. Das Ausmaß der so­zialen Effizienz personalwirtschaftlichen Handelns wird durch die Befriedigung der Bedürfnisse bzw. Interessen der Mitarbeiter bestimmt. Um diese aber als Ef­fizienzmaßstab vorgeben zu können, ist es erforderlich, Bedürfnisse und Interes­sen in möglichst konkreter und operationaler Form zu fassen. Die bisherigen Konkretisierungsversuche!* stützen sich dabei im wesentlichen auf die sogenann­ten humanistischen Motivationstheorien von Maslow und Herzberg. Dabei tau­chen dann die Probleme der konkurrierenden Beziehungen zwischen den Be­dürfniskategorien, der unterschiedlichen Dringlichkeitsordnungen oder der In­teressendynamik auf, welche die Validität derartiger Kataloge unabhängig vom Realitätsgrad des in den Motivationstheorien implizierten Menschenbildes in Frage stellen. Zudem lassen sich mit Sicherheit Individualbedürfnisse nicht ohne weiteres in Kollektivinteressen überführen.

Das Konstrukt der sozialen Effizienz als konstitutives Merkmal einer arbeitneh­merorientierten Position wie auch eines harmonie- oder konfliktorientierten In­teressenausgleichs bedarf stärkerer Differenzierung. Sehr deutlich wird dies durch die aktuelle Diskussion über den sog.Wertewandel!5, Auch wenn durchaus nicht als gesichert gelten kann, daß es dieses von Noelle-Neumann auch für die Bundesrepublik behauptete Phänomen tatsächlich gibt, kann wohl nach einer weitgehenden Sättigung der konsumtiven Grundbedürfnisse von einer