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Humanität und Rationalität in Personalpolitik und Personalführung : Beiträge zum 60. Geburtstag von Ernst Zander / hrsg. von Helmut Glaubrecht und Dieter Wagner
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Entwicklungstendenzen der Personalwirtschaftslehre 395

Der Personalwirtschaftslehre kommt für diesen Prozeß dessich als gesell­schaftliche Institution Begreifenlernens fraglos eine zentrale Rolle zu, handelt es sich doch um die Implementierung einer Managementphilosophie über alle hierarchischen Ebenen. Die Personalwirtschaft ist dabei aber nicht nur Vermitt­lungs-, sondern auch Entwicklungsinstanz. Sie ist die Außenhaut des Unterneh­mens zur Gesellschaft, sein Frühwarnsystem in bezug auf unternehmensrelevan­te Entwicklungen im gesellschaftlichen Umfeld. Zwar liegt die Verantwortung für die Managementphilosophie letztlich bei der Unternehmensleitung, aber die Anstöße zu liefern zu ihrer Änderung, Präzisierung und Verfestigung ist eine we­sentliche Aufgabe der Personalwirtschaft. Konflikte zwischen der Binnenkultur der Organisation und dem gesellschaftlichen Normen- und Wertesystem äußern sich immer zuerst als Personalprobleme, z.B. wenn ein Wandel der Werte in der Gesellschaft den subjektiven Nutzen von Anreizen reduziert oder Beitragslei­stungen nach Art(z.B. Nachtarbeit) oder Höhe plötzlich inakzeptabel erschei­nen läßt. Leistungsbereitschaft ist auch eine Funktion des gesellschaftlichen Wertesystems und wenn sie ein ökonomisch relevanter Faktor ist, was wohl außer Zweifel steht, dann läßt sich ökonomische Effizienz nicht mehr allein mit periodisierten Leistungs-Kosten-Vergleichen beschreiben. Gerät aber der Begriff des Ökonomischen ins Wanken, so ist damit die stabilste Stütze überkommener Führungskonzepte in Frage gestellt; das zu verfolgende Ziel wird zum Problem. Gleichzeitig aber deutet sich eine Brücke zwischen ökonomischer und sozialer Effizienz an. Es wird Aufgabe der Personalwirtschaftslehre sein, diese Brücke zu festigen und auszubauen. Vom Erfolg dieses Bemühens hängt die gesell­schaftliche Effektivität eines Unternehmens i.S. der Integration gesellschaftli­cher Normen und Wertvorstellungen ab. Zur gesellschaftlichen Effektivität ge­hört dabei die ökonomische Effizienz in gleicher Weise wie die soziale.

2 Integration und Differenzierung im Bereich der theoretischen Konzeption der Personalwirtschaft

Um die Entwicklungstendenzen auf der Theorieebene zu erfassen, muß man wohl unterscheiden zwischenTheorien für die Personalwirtschaft undTheo­rien der Personalwirtschaft. Die erste Kategorie beinhaltet jene Ansätze, die z.B. in der Inventur von Ende alsTheorien der Personalarbeit gekennzeichnet wurden. Gemeint sind die konzeptionellen Ansätze bzw. Bezugsrahmenkonzep­te. Die zweite Kategorie betrifft die eigentliche theoretische Basis der Personal­wirtschaftslehre i.S. des Fundaments für die Ableitung von Gestaltungsaussa­gen.

Der gegenwärtig vorherrschende Ansatzpluralismus wurde oben als notwendig für die weitere Entwicklung des Faches bezeichnet, und es sind gegenwärtig kei­ne Begrenzungen für diesen Differenzierungsprozeß absehbar bzw. notwendig.