Druckschrift 
Humanität und Rationalität in Personalpolitik und Personalführung : Beiträge zum 60. Geburtstag von Ernst Zander / hrsg. von Helmut Glaubrecht und Dieter Wagner
Seite
396
Einzelbild herunterladen

396 Entwicklungstendenzen der Personalwirtschaftslehre

Der vom Verfasser vorgeschlagene Ansatz ist dabei auch nur ein Mosaikstein, der das als für personalwirtschaftliche Fragestellungen wesensimmanent angese­hene Konfliktphänomen betont und auf die Identifizierung konkreter Konflikt­felder, die Analyse der Entstehung von Konfliktpotentialen, ihre Entwicklung zu funktionalen oder dysfunktionalen Konfliktprozessen und die Steuerungs­möglichkeiten manifester Konflikte gerichtet ist. Dieses Konzept ist nun einer­seits nicht so eng zu sehen, als könne Personalmanagement mit Konfliktmanage­ment gleichgesetzt werden, andererseits kann es sicher nicht flächendeckend sein. Ergänzenden, weiterführenden oder ganz andere Ausgangspunkte wählen­den Überlegungen kommt daher große Bedeutung zu. Ansatzpunkte hierfür könnte Ansoffs Konzept der strategischen Planung!® oder auch das des evolu­tionären Management!? liefern. Prognosen über die Erfolge derartiger Bemü­hungen sind sehr schwierig, weil die Rolle eines bestimmten Ansatzes weniger von der Tragfähigkeit seines denkbaren Gehalts als vielmehr von der Überzeu­gungskraft einzelner Umsetzungsbemühungen abhängt.

Insgesamt dürfte auf dieser Ebene das Bemühen um Integrierung der Weiterent­wicklung der wissenschaftlichen Disziplin Personalwirtschaft weniger dienlich sein, als eine Ansatzdifferenzierung.

Während die Ebene der Theorien für die Personalwirtschaft im wesentlichen für die Strukturierung des Denkens der einzelnen Fachvertreter von Bedeutung ist, ist die Weiterentwicklung auf der Ebene der Theorien der Personalwirtschaft von unmittelbarem praktischem Belang. Die theoretische Basis der Personal­wirtschaftslehre ist gegenwärtig nicht mehr als eine eher ekklektische Zusam­menstellung von vor allem aus den verhaltenswissenschaftlichen Disziplinen übernommenen Theoriefragmenten, wobei motivationspsychologische Ansätze dominieren. Von eigenständigen personalwirtschaftlichen Theorieansätzen kann so gut wie nicht gesprochen werden.

Zwar ist Eigenständigkeit kein Wert an sich und die Übernahme von Erkenntnis­sen aus Nachbardisziplinen unter forschungsökonomischen Gesichtspunkten sinnvoll, jedoch darf nicht übersehen werden, daß sie häufig aus anders gelager­ten spezifischen Interessen heraus erarbeitet wurden, was einer beliebigen Über­tragung im Wege stehen kann. Die Personalwirtschaftslehre wird sich daher in der Zukunft in verstärktem Maße darum bemühen müssen, über das reineSam­meln sozialwissenschaftlicher Theorien hinauszukommen und problemspezifi­sche Theorieentwicklung zu betreiben. Hierbei ist der bereits im Zusammenhang mit der Interessenorientierung angesprochenen Differenzierung große Bedeu­tung zuzumessen. Nur einedifferentielle Personalwirtschaftslehre kann der Vielgestaltigkeit und Komplexität realer personalwirtschaftlicher Probleme ge­recht werden?, Die gegenwärtige Personalwirtschaftslehre bewegt sich in ihrem Bemühen, möglichst allgemeingültige Aussagen zu erarbeiten, entweder auf