398 Entwicklungstendenzen der Personalwirtschaftslehre
tierung, die sicherlich eines der Hauptprobleme darstellt, so lägen die ökonomischen und sozialen Vorteile auf der Hand: Es würden weniger Personalressourcen verschwendet und das Risiko von Fehlpassungen zwischen Mitarbeiter und Tätigkeit würde vermindert. Spezifische neue Gestaltungserfordernisse dürften insbesondere bei der Arbeitsstrukturierung und der Personalentwicklung auftreten.
Allerdings beinhaltet ein solches Differenzierungskonzept auch einige erhebliche Nachteile. Der kritischste ist, daß es tendenziell eine Gefährdung des Systemzusammenhalts zur Folge haben könnte. Eine auf„Passung“(„Fit“) von Person und Tätigkeit ausgerichtete Differenzierung, die in ihrer extremsten Ausprägung eine Indivualisierung der Organisation bedeuten würde, verspricht aus der Sicht der Organisation zwar eine bessere Ressourcennutzung, gleichzeitig aber könnte sie zu einer Verminderung der Loyalität, des Commitment der Organisationsmitglieder, führen. Die Personalwirtschaftslehre wird sich daher nicht nur um differenzierende Gestaltung bemühen müssen, sondern zugleich und verstärkt um integrierende.
Ausgangspunkt eines solchen um Integration bemühten Ansatzes wäre der Sachverhalt, daß die Organisation als soziales System über ein hohes Einflußpotential auf die Persönlichkeitsentwicklung der Mitarbeiter verfügt, d.h. eine mächtige Sozialisationsinstanz verkörpert. Grundlegendes theoretisches wie auch Gestaltungskonzept wäre dann das der organisationalen Sozialisation, d.h. der Prozeß, in dem ein Individuum in ein soziales System dadurch integriert wird, daß seine Bedürfnisse, Werthaltungen, Fähigkeiten, Wissensbestände etc. mit dem, was als systemerhaltend gilt, in Übereinstimmung gebracht werden. Ausführliche Analysen und Diskussionen zum Inhalt des„Systemerhaltenden“ finden sich in letzter Zeit unter dem Rahmenkonzept der„Organisationskultur“2!,
Die Gestaltung dieses organisationalen Sozialisationsprozesses könnte sich zu einer wesentlichen künftigen Aufgabe der Personalwirtschaft entwickeln. Daß diese Aufgabe nicht unproblematisch ist, liegt auf der Hand. Zum einen setzt die „Einpassung“ eines Individuums in ein soziales System seine„Akkulturation“, wie es der Organisationspsychologe Schein nennt, und ein konsensfähiges organisationales Wertesystem voraus, zum anderen darf der Prozeß der Einpassung nicht zu einer Erstarrung des Systems führen, die existenzerhaltende Innovationen— i.S. der Anpassung der Organisation an Umweltveränderungen— sehr erschwert. Die Bedingungen für beides— Akkulturation und Innovation— aufzuzeigen und Gestaltungskonzepte zu entwickeln ist angesichts einer dynamischen— und daher erhöhte Integrationsbemühungen erfordernden— und zugleich innovationsbedürftigen— und daher Freiheitsgrade durch Differenzierung für den einzelnen Mitarbeiter erfordernden— Umwelt die wohl anspruchs