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Basis sinnlicher Empfindung auch ein grundlegendes Vernunftgesetz hinzufügt und damit Kants kategorischen Imperativ vorbereitet. Der Grundsatz der Sittenlehre lautet nach ihm: »Mache deinen und deiner Nebenmenschen inneren und äufseren Zustand, in gehöriger Proportion, so vollkommen als du kannst«.
Hier drängen sich nun zwei wesentliche Fragen auf: ist die Meinung von der Aufgabe der Philosophie, welche wir kennen gelernt haben, nicht vielleicht eine Verallgemeinerung der Aufgabe der Ethik, oder füllt etwa der Bereich der letzteren den ganzen Begriff der Weltweisheit aus, wie er sich in Mendelssohn darstellt? Die erste Frage werden wir späterhin genauer zu erörtern haben; der Unterschied liegt darin, daß die Morallehre keine kritische Darstellung der erstrebenswerten Güter liefern kann; die zweite Frage wird von unserem Philosophen selbst im zweiten Abschnitte der Schrift über die Evidenz in der Metaphysik beantwortet. Die Philosophie ist ihm, ihrem Begriffe nach, »eine auf Vernunft begründete Erkenntnis der Beschaffenheiten«, welche die inneren Merkmale der Dinge an sich zu untersuchen hat. Da somit beide Vermutungen ausgeschlossen sind, so erhalten wir als das Endergebnis, dafs die Philosophie, von deren beiden Hauptteilen Metaphysik und Ethik der erstere öfters auch den Gattungsnamen trägt, die Pflicht hat, die menschliche Glückseligkeit zu fördern, und daß die Metaphysik dieser Aufgabe dadurch gerecht wird, daß sie das innere Sein der Welt, die Ethik, daß sie die Grundbedingungen der Sittlichkeit zu erforschen sucht.
Da es nun gilt, die Berechtigung dieser Anschauung zu untersuchen, soweit sie die behauptete Aufgabe der Philosophie betrifft, so wird zunächst ein in den allerknappsten Umrissen gehaltener historischer Ueberblick zeigen, daß dieselbe des Oefteren und vor allen Dingen bei einem der