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zurückgeführt und damit auch die Aufgaben der Weltweisheit als vornehmlich ethische bezeichnet werden. Natürlicherweise mufs der wissenschaftliche Charakter dabei gewahrt werden, und eine Stelle in der »Kritik der praktischen Vernunft« (Ros. 243) hebt dies auch noch besonders hervor: »Es wäre gut, wenn wir das Wort Philosophie bei seiner alten Bedeutung ließen als eine Lehre vom höchsten Gut, sofern die Vernunft bestrebt ist, es darin zur Wissenschaft zu bringen«.
Daß wir bei dieser Darlegung etwas länger verweilt haben, erklärt sich einmal aus dem Ansehen, das Kant mit Recht genießt und das jedes seiner Worte zu folgenschweren Aeußerungen macht, und dann aus dem Umstande, daß diese Anschauungen eine so auffallende Uebereinstimmung mit denen Mendelssohns zeigen, daß wir wohl eine Beeinflussung von seiten des Letzteren vermuten können. 1 ) Kuno Fischer sagt mit Recht: »Wenn sich Natur- und Moralbegriffe nicht in der deutschen Aufklärung vereinigt hätten, so dürfte man dreist behaupten, dafs es niemals die deutsche Aufklärung hätte sein können, woraus der Gründer der kritischen Philosophie hervorging«. Glaubt man nicht den Popular- philosophen reden zu hören, wenn sich Kant in einer seiner späteren Schriften 2 ) gegen diejenige Anwendung des Namens der Philosophie erklärt, wonach sie zum »Titel der Ausschmückung des Verstandes nicht gemeiner Denker« geworden sei, und ihre Aufgabe vielmehr als die »einer wissenschaft-
*) Kayserling in seiner sonst so sorgfältigen Darlegung der Beziehungen zwischen Mendelssohn und Kant hat diese Seite gar nicht berührt, weshalb eine ausführlichere Besprechung dieses Punktes um so notwendiger erschien.
2 ) Von einem neuerdings erhobenen vornehmen Ton in der Philosophie, Mai 1796.