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Philosophie in dieser Beziehung von den übrigen Wissenschaften zu trennen, die ja alle in der Bethätigung der edelsten menschlichen Fähigkeiten bestehen und daher auch mit der höchsten Befriedigung verbunden sind. Es käme darauf an, festzustellen, in welcher besonderen Weise die Philosophie ihrer Aufgabe gerecht wird, und mit Rücksicht auf das vorhandene historische Material aus dem erkannten Zwecke derselben den Begriff mit allen seinen Merkmalen zu konstruieren — ein Verfahren, welches die Arbeit übermäfsig ausdehnen und die ohnehin schon stark in Anspruch genommene Geduld des Lesers völlig erschöpfen würde. Wir möchten daher ein etwas unmethodisches, aber weniger ermüdendes Verfahren vorziehen, indem wir von den Prinzipien der Ethik ausgehend, die ja mit dem durchgeführten Gedankengange in engster Beziehung stehen, den Einen Punkt zu finden versuchen, in welchem die Moral sich mit der Aufgabe der ganzen Philosophie berührt, um dann das Zwischengebiet zwischen beiden näher zu durchforschen, das uns die Lösung des Problems darbietet.
Das Verhältnis der Glückseligkeit zur Ethik — dessen Bedeutung für die Mendelssohnsche Philosophie wir schon oben (S. 20, 21) erwähnten — ist ein Problem, welches die ganze Geschichte der Ethik durchzieht und von Niemandem im gröfseren Gegensätze zum Eudaemonismus behandelt worden ist, als von Kant. (Kr. d. pr. V. § 2 ff. Grundlegung zur Metaphysik der Sitten, 2. Abschnitt, Hartenstein IV, 257 bis 267.) Die von ihm beeinflußte Sittenlehre in den Systemen des spekulativen Idealismus, welche den Grund des Ethischen im Apriorischen sieht, hat durch das Eindringen des englischen Positivismus einen argen Stoß erhalten, der das festgefügte Gebäude ins Schwanken gebracht hat. Da die utilitarischen Positivisten in dem Glückseligkeitstrieb das Grundprinzip des sittlichen Handelns sehen und damit der