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Moses Mendelssohn und die Aufgabe der Philosophie / von Heinrich Kornfeld
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gerichteten Willen als vernunftgemäfs und dadurch den Eudaemonismus als verwerflich erscheinen läfst, in ein ge­läutertes Moralprinzip verwandelt, welches zugleich den immanenten Inhalt der Sittengesetze zu begründen vermag. Als letzte Aufgabe für die Grundlegung der Ethik würden wir alsdann mit Kaler ansehen »die Aufsuchung des Grundes, aus dem der qualitative Wertunterschied der Lustarten hervor­geht und der die Allgemeingültigkeit und Verbindlichkeit gewisser sittlicher Gesetze in sich schliefst«. Denn ersicht- lichermafsen ist die Häufung von Lustgefühlen nicht im stände, jene dauernde Befriedigung zu erzielen, die wir als das End­ziel des Menschenstrebens anerkannten, sondern sie wird viel­mehr eine Uebersättigung erzeugen, welche durch erneute Lustempfindungen wohl für den Augenblick aufgehoben werden kann, aber bald darauf in erhöhtem Maße wiederkehrt. Daraus ergiebt sich, daß der eben geforderte qualitative Wert­unterschied in der Empfindung des Subjektes entsprechende Wertunterschiede in der objektiven Welt vorfinden muß, denn nur die Realisierung objektiv wertvoller Güter ist im stände, jene andere Art von Glückseligkeit zu erzeugen, welche uns als der vornehmste Erfolg des Philosophierens erschien. 1 ) Eine sittliche Beurteilung unserer Handlungen kann nur von dem Bewufstsein unbedingt verpflichtender, objektiv existierender Ideale ausgehen, deren Verwirklichung unser Handeln leitet und uns mit dem Gefühle der Lust erfüllt; das objektiv

1) Kant drückt dies in seiner Weise so aus (Kanon der reinen Ver­nunft I Hartenstein III, 529): »Die ganze Zurüstung der Vernunft in der Be­arbeitung, die man reine Philosophie nennen kann, ist in der That nur auf die drei gedachten Probleme (Freiheit des Willens, Dasein Gottes, Unsterblichkeit der Seele. H. K.) gerichtet. Diese selber aber haben wiederum ihre entferntere Absicht, nämlich, was zu thun sei, wenn der Wille frei, wenn ein Gott und eine zukünftige Welt ist. Da dieses nun unser Verhalten in Beziehung auf den höchsten Zweck betrifft, so ist die letzte Absicht der weislich uns vorsorgenden Natur bei der Einrichtung unserer Vernunft eigentlich auf das Moralische gestellt«.