dener Abweichungen von den strafrechtlichen Regeln in Einzelfällen, trat doch unverkennbar auf diesem Gebiete ein großer Fortschritt unter seiner Regierung ein. Sämtliche Gerichtsherren in der Mark waren nicht mehr darin unbeschränkt, ob sie ein Verfahren einleiten wollten, ob sie sich mit dem Verbrecher abfänden, ob sie foltern oder schwere Strafen vollstrecken ließen. Überall war dem landesherrlichen Eingreifen Raum gegeben, das dann in Form genehmigter Beschlüsse des befragten Ariminal- kollegs erfolgte?) 5o kam es denn, daß in der Mark auf diesem Gebiete zuerst die Aufklärung ihre Triumphe feierte, daß die Hsrenprozesse verschwanden, daß verstümmelnde Strafen bald ganz fortfielen und daß auch sonst manches Überbleibsel des Mittelalters in Wegfall kam. Große Verdienste auf diesem Gebiete erwarb sich namentlich der mächtig aufstrebende Aanzler Samuel v. Tocceji, der sogar unter dem tatkräftigen Friedrich Wilhelm I. den Entschluß faßte, die Gerichtsbarkeit der kleinen und kleinsten Gerichtsherrn völlig zu beseitigen. Hierzu wurde das Mittel angewendet, die Aosten der Gerichtsbarkeit zu steigern und die Einkünfte aus derselben zu vermindern. Die Forderung, daß die Richter auch der kleinsten Gerichte ein gewisses Maß juristischer Bildung hätten, vergrößerte die Aosten, während andererseits die Forderung aufgestellt wurde, die Gebühren für die Privatrechtspflege zu beschränken. So sollte die Gerichtsbarkeit der kleinsten Gerichtsherrn für diese zu einer unerträglichen Last werden. War dies geschehen, so mußte die Beseitigung und ihr Ersatz durch landesherrliche Gerichte als eine Wohltat empfunden und von den Gerichtsherren erstrebt werden. Die Entwicklung wäre wohl schon damals in einen rascheren Fluß gelangt und hätte zur Aufhebung der Patrimonialgerichtsbarkeit in der Mark geführt, wenn nicht der durch das Verhalten des Aönigs in der Lehns- allodifikation stutzig gemachte Adel mit der äußersten Hartnäckigkeit seine Stellung als Gerichtsherr verteidigt hatte. Immerhin wäre er vielleicht unterlegen, wenn nicht infolge des Thronwechsels von l7?0 und der bald hernach beginnenden Ariegszeit diese Entwicklung unterbrochen und auf lange vertagt werden wäre. Es ist schon angeführt, daß die Bestrebungen des Aönigs, für seine Lande ein einheitliches Recht zu schaffen, im Sande verlaufen waren; so erklärt es sich, daß ein privatunternehmen Anklang und Fortgang fand, das andernfalls unmöglich gewesen wäre: die Sammlung
Abb. 37. Samuel Freiherr von Locceji.
tz Strafrechtspflege S. 3-tff. Die Unsicherheit erscheint in Berlin und Umaeae nd am größten, da hier der landesherrliche Einfluß sich am meisten geltend machte.