Teil eines Werkes 
Bd. 2 (1910) Die Geschichte / von Gustav Albrecht ...
Entstehung
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fassenden gesetzgeberischen Werke herangezogen, nämlich zu der vom Könige Friedrich Wilhelm II. angeordneten Durchsicht des wesentlich aus politischen Gründen suspendierten Allgemeinen Landrechts. Mit dieser Arbeit war zu­gleich eine Aufgabe verbunden, welche trotz tatkräftiger Inangriffnahme und Kraftverschwendung bewährter Köpfe innerhalb 50 Jahren nicht viel Brauchbares zu­stande gekommen ist. Ls handelte sich dabei um die Feststellung derjenigen speziellen Provinzialgesetze, die in der Mark galten, da ja das Landrecht nur als subsidiäres Recht gelten sollte. Hätte man also wie dies ja logisch gewesen wäre mit der Veröffentlichung des subsidiären Rechts bis zur Feststellung des Prinzipal geltenden gewartet, so hätte man das Landrecht überhaupt niemals publizieren können. Auf Grund dieser königlichen Verordnung haben damals das Kammergericht, die neu­märkische Regierung und die Stände beider Teile der Mark, jeder für sich, umfangreiche Zusammenstellungen*) des Provinzialrechts gemacht, nachdem die Justizbehörden ihre größeren Untergerichte, also die Stadtgerichte, zu Berichten über das in diesen kleineren Körpern angeblich geltende besondere Recht aufgefordert hatten?) Das Ergebnis dieser aus breitester Grundlage aufgebauten Arbeiten war eine Kodifikation des kur­märkischen Rechts durch den Geheimrat Wilke als Kommissar des Kammergerichts und eine sich daran anlehnende des Geheimrats Busch, des Kommissars der neu­märkischen Regierung?) Aber es liegt auf der Hand, daß die ebenfalls fleißig ar­beitenden ständischen Deputierten, unter denen namentlich der Graf Finckenstein aus Madlitz zu erwähnen ist, Bedenken trugen, diesen und jenen Satz als geltendes Recht zu akzeptieren, was um so erklärlicher ist, als eine ganze Fülle des Gefundenen auf Judikaten beruhte, die ja die Eigentümlichkeit haben, daß ein fleißiger Forscher immer ein widersprechendes finden wird. Die Schwierigkeit der Arbeit bestand also nicht in der Herbeischaffung des unendlichen Stoffes, sondern im Ausziehen derjenigen Sätze daraus, die allgemein als geltendes Recht anerkannt werden konnten. An diesem Punkte scheiterte damals trotz unendlichen Fleißes aller Beteiligten die Kodifikation des mär­kischen Rechts; sie blieb liegen, wurde dann nach Jahrzehnten wieder ausgenommen, um abermals im Sande zu verlaufen.

Inzwischen waren die folgereichen Ereignisse des Jahres 1806 singetreten und hatten die märkische Entwicklung, die noch den alten feudalen Tharakter fast über­all bewahrt hatte, in neue Bahnen gelenkt. Zunächst trat dies in der Altmark, die, abgesehen von wenigen rechtselbischen Dörfern (Schönhausen usw.), zum Königreiche Westfalen geschlagen wurde, in die schärfste Erscheinung. Hier wurde alsbald der

st Oie nähere Darstellung dieser Arbeiten geben die Einleitungen zu den Ende der 30er Jahre des td- Jahrhunderts erschienenen Entwürfen von v. Scholtz, v. Kunow und Goetze- Dazu holtze, Die Kodifikation des neumärkischen Rechts" (Forschungen zur Brandend, und preuß. Gesch. Bd. is, S 3iZff).

st Das Kammergericht, dessen Mitglied Wilke eine hervorragende Rolle bei Verstellung des ersten Entwurfes gespielt hat, bewahrt in vielen Foliobänden die damals von den einzelnen Gerichtsherrn der Mark eingegangenen Berichte über das, was nach Ansicht der Berichtenden bei ihnen rechtlich als Sonderheit in Übung sei.

st Der Entwurf von Wilke betraf das in der ganzen Kurmark mit Einschluß der Alt­mark geltende Recht. Dieses getrennt zu erörtern, lag damals keine Veranlassung vvr.

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