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richtsbarkeit, wie sie die bevorzugten Stände (Adel und höhere Beamten) bisher besessen hatten. So war es in der Kurmark, ebenso in der Neumark, in der indes durch das Wegfallen des Iohanniterordens, dessen Güter zugunsten des Staates eingezogen waren, jede Gerichtsbarkeit dieses Ordens beseitigt war. Waren so auf dem Gebiete der Gerichtsverfassung die Wirkungen der gedachten Reformen, vorab auf dem platten Lande nicht sehr in die Augen springend, so waren sie es desto mehr auf dem Gebiete des bürgerlichen Rechts. Denn die Befreiung des Bauernstandes und die Beseitigung und Ablösung aller möglichen, das Grundeigentum, den Handel und Verkehr belastenden dinglichen und persönlichen Auflagen, beseitigte zugleich eine ganze Fülle von Rechtssätzen und Observanzen, die bisher den Hauptteil des märkischen Sonderrechts dargestellt hatten.
Als dann infolge der Befreiungskriege der im Jahre 1 807 verlorene märkische Besitz wiedererlangt wurde, kam es doch zu keiner Wiederherstellung der Mark in den früheren Grenzen, was auch dafür zeugt, wie einschneidend die kurze Trennung der Altmark vom Stammlande gewirkt hatte. War diese doch so stark gewesen, daß das
Patent vom st. September 1814 , das die Wiedereinführung des Allgemeinen Landrechts und der Gerichtsordnung in den wiedererworbenen alten Provinzen (die Altmark wird als solche an erster Stelle genannt) regelte, dabei sehr vorsichtig die westfälischen Neuerungen schonte. So sollten nach § 2 die unter der fremden Regierung abgeschafften besonderen Rechte und Gewohnheiten auch fernerhin nicht mehr angewandt werden, außer, falls das Landrecht über ihren Gegenstand keine Bestimmung enthielte. Im einzelnen war die Frage, was hiernach zu gelten habe, so schwierig, auch die Wiedereinrichtung des Lehnsverbandes unter Schonung der wohlerworbenen Rechte so überaus verwickelt, daß seitdem das sogenannte altmärkische Recht sich scharf von dem kurmärkischen und neumärkischen schied, politisch war die Altmark mit dem rechtselbischen Teile von Magdeburg der neuen Provinz Sachsen zugefügt, Teile der Neumark der Provinz Pommern, während andererseits die vom Königreich Sachsen abgetretene Niederlausitz mit dem älteren wiedererworbenen Tottbus und der Norden des alten Herzogtums Sachsen mit Jüterbog zur Provinz Brandenburg gelegt wurden. Auch die Grenzen zwischen Kurmark und Neumark wurden damals geändert, indem das kurmärkische Frankfurt zur Neumark gelegt und statt des früheren Hauptsitzes Tüstrin zum Mittelpunkt der Regierung und zum Sitze des Appellationsgerichtes an Stelle der ehemaligen neumärkischen Regierung in Tüstrin bestimmt wurde. Seitdem fiel auch das Geltungsgebiet des kurmärkischen und das des neumärkischen Rechts nicht mehr mit den politischen Grenzen zusammen, und auch dieser Umstand hat mit dazu beigetragen, das Absterben desselben zu beschleunigen. Ts ist dabei überaus bezeichnend, daß von seiten der alsbald nach dem Friedensschlüsse von
Abb. 42. schloß Sonnenburg.
Aufnahme von tzofphotograph F. Alb. Lchwartz-Berlin.