Teil eines Werkes 
Bd. 2 (1910) Die Geschichte / von Gustav Albrecht ...
Entstehung
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den Flußläufen aber auch Kähne, die elektrisch betrieben werden und der Ziegeltrans­port-Aktiengesellschaft gehören. Es scheint, als ob in nicht allzulanger Zeit hier­durch die Verhältnisse eine wesentliche Änderung erfahren werden. Gelingt es dem Motor, weiter das Feld zu erobern, so wird den bisherigen Schiffern nichts anderes übrig bleiben, als sich selbst derartige Kähne anzuschafsen oder aber in den Dienst der Ziegeltransport-Aktiengesellschaft überzutreten.

Eigenartig sind die Arbeiterverhältnisse auf den märkischen Ziegeleien. Auf den Maschinenziegeleien ist gewöhnlich der Meister oder Inspektor (manchmal auch Direktor genannt) der verantwortliche Leiter. Er steht in festem Gehalt, und die Arbeiter werden von dem Besitzer angestellt. Mir haben also hier den Fabrikbetrieb wie in anderen Industriezweigen. Ganz anders ist es dagegen auf den Ziegeleien, welche nur den Zentraltonschneider als Maschine besitzen, und dies sind fast sämt­liche Handstrichziegeleien in der Umgegend von Berlin. Diese Merke haben ent­sprechend ihrer ganzen Einrichtung nur so lange Betrieb, wie die Sommerkampagne dauert. Nur das Brennen wird noch bis zum Januar fortgesetzt. Beginnt die Kam­pagne, so kommt der Meister mit seinen Arbeitern, die Leute sind von ihm gedungen und werden auch von ihm bezahlt. Ein großer Teil dieser Leute stammt aus Lippe, welches jährlich Tausende von Männern in die nord- und mitteldeutschen Ziegeleien entsendet. Der Besitzer hat dem Meister seine Ziegelei in Akkord übergeben, er zahlt ihm den jDreis für die fertig auf den jAatz gestellten Ziegel und liefert ihm gewöhn­lich nur den gegrabenen Ton und die Kohle. Es unterliegt keinem Zweifel, daß diese Art des Betriebes ein Hemmnis für die Umwandlung der Märkischen Ziegel­fabrikation in eine Industrie darstellt. Es wird jedoch schwer sein, hier eine Ände­rung zu treffen, da man mit den Verhältnissen rechnen muß. Gewöhnlich wohnt der Besitzer des Merkes in der Stadt und gehört vielfach einem ganz anderen Stande an als dem der eigentlichen Ziegelfabrikanten. Mir finden in der Mark als Ziegelei­besitzer Offiziere, Arzte, Apotheker, Lehrer u. dgl. Unter diesen Umständen kommt es häufig genug vor, daß der Besitzer von seinem Betriebe herzlich wenig versteht, und jeder Kenner der Sachlage weiß, daß gerade hierauf der Umstand zurückzu­führen ist, daß zahlreiche Ziegelfabrikanten nicht wissen, wieviel Kosten sie für die Her­stellung der Ziegel in Ansatz zu bringen haben. Für die Arbeitnehmer ist das Ver­hältnis auf den Ziegeleien nicht immer erfreulich. Allerdings haben sich die Ver­hältnisse gegenüber früher gebessert, und die Gewerberäte haben in ihren Berichten, soweit die Mark Brandenburg in Frage kommt, nicht mehr so lebhaft Klagen über- die Ausnutzung der Arbeiter durch die Ziegelmeister zu führen, als es früher der Fall war. Auch ist das Unwesen der durch den Kleister auf den Ziegeleien geleiteten Kantinen wesentlich zurückgegangen.

Die auf den märkischen Ziegeleien beschäftigten Arbeiter sind von den Koali­tionsbestrebungen nicht unberührt geblieben. Da wir in der Hauptsache Lipper auf den Merken in Tätigkeit finden und Leute aus anderen Gegenden nur verhältnis­mäßig wenig beschäftigt werden, so hat der Gewerkverein der Ziegler in Lippe gerade unter den Arbeitern auf den märkischen Ziegeleien vielfach festen Fuß fassen können, weder zum Wohl -er Arbeitnehmer noch zu dem der Arbeitgeber. Das Mißtrauen