richtet wurde. Späterhin ging rnan zur Anlage breiter und niedriger Tore über, die aber den behäbigen Reichtum der Bürger mehr zum Ausdruck brachten als die älteren Hochtore. Das Dammtor in Jüterbog (Abb. 54) ist ein ausgezeichnetes Beispiel, wenn es auch hinter den reicheren des Nordens, beispielsweise Wismars und Neubrandenburgs, erheblich zurückbleibt. Bei ihm kreuzen sich brandenburgische und sächsische Einflüsse; jene in der leichten Backsteinornamentierung, diese in dem Grundriß. Da urkundlich der Erzbischof Ernst von Magdeburg um 1480 den Bau dieser Tore veranlaßt hatte, so überrascht eine solche Beeinflussung nicht weiter; aber sie weist wieder — ähnlich wie der Bronzeguß — darauf hin, wie stark noch im 15. Jahrhundert der machtvolle Einfluß Sachsens sich zur Geltung zu bringen wußte. Ein in seiner Art ganz eigenartiges Bauwerk, das der Mitte des 15. Jahrhunderts zuzusprechen sein dürfte, ist der Mittel- turm in Prenzlau (Abb. 55). So reich es in seiner äußeren Form ist, so wenig hat der unbekannte Erbauer die Wege der sachlichen Gestaltung verlassen. Hier ist jede Form ein Ergebnis kühler Überlegung, das Ganze jedoch so rein persönlich und wohlklingend, daß man diesen Turm getrost als eines der besten Werke bürgerlicher Wehrarchitektur der Zeit nennen darf.
Im ganzen ist das 15. Jahrhundert eine Zeit ruhiger Entwicklung, die nicht von außen durch Eindringen anderer Gestaltungsgrundsätze gestört wurde. Ja, die stürmische Art der Gotik, die bei den Bauwerken des vorangehenden Jahrhunderts zwar in einem rhythmischeren Wohlklang, aber auch oft mit einer gar zu emsigen Sucht auf die äußere Wirkung strebte, ist offenbar durch den Mangel innerer Kräfte in eine ruhigere Bahn gedrängt. Es fehlte neben den großen Aufgaben auch ein technisches Vorwärtsgehen, weil wir es hier in den meisten Fällen mit dem stillen Weiterwachsen aller Formen zu tun Abb. 55. Mitteltor in Prenzlau. haben, in die weder eine stürmische religiöse Wärme eingriff, F. Alb. Schwartz"°B»ttn^v.'^ noch auch eine technische Umwandlung. Es ist darum
nicht immer leicht, die einzelnen Daten an dem Werke selbst zu erkennen. Vollends versagt hier — falls nicht eine Jahreszahl eine deutliche Spur weist — das Wissen bei den Kleinkunstwerken, die sich in den Kirchen ansammelten. Nur der große Zug der Ermüdung, der in der langen Jahrhundertsentwicklung von der Mitte des 14 . bis Ende des 15. Jahrhunderts nicht zu übersehen ist, kündet das alte Gesetz vom Nachlassen der künstlerischen Kraft. Freilich läßt uns sein zweiter Teil, der in der Regel auf ein üppiges Uberfließen der Formen drängt, wieder in Stich, da die eigenartige politische Lage der Mark eine solche Richtung auf enge Grenzen beschränkte. Weniger durch seine Kunst als durch die Tatsache, daß uns der Name des Baumeisters überliefert ist, kann hier noch der Turm der Berliner Marienkirche erwähnt werden, der 1418 von Michael von Görlitz nach einem Einsturz wieder erbaut oder