Teil eines Werkes 
Bd. 4 (1916) Die Kultur / von Robert Mielke ...
Entstehung
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Kunsthandwerks ist, und ein reicheres in Havelberg (Abb. 6s). Im übrigen aber störte nichts den ruhigen Gang der brandenburgischen Kunst, die nach dem Wegzüge des alternden Kurfürsten 4470, noch weniger aber unter seinem Nachfolger Albrecht Achill, der nur selten nach der Mack kam, der die Regierung in den Händen seines Sohnes Johann ließ und ihm nach seinem Tode 1486 als Kurfürst folgte. Wenn ihm auch persönlich die Wittel fehlten, die Kunst Brandenburgs zu beeinflussen, so kam unter seiner Regierung bei den reichen Stadtgeschlechtern, die vordem nur in politischen Händeln ein Wirkungsfeld gefunden hatten, die Erkenntnis zum Durchbruch, daß sie auch

künstlerisch ihren Einfluß zur Geltung bringen konnten. Ein Joachim Rvke war es, der 1488 auf seine Kosten das zwei Jahre vorher abgebrannte Ber- liner Rathaus wieder aufbaute. Manch Bürgerhaus erstand aus Stein in der nunmehrigen Residenz; selbst ein bür­gerlicher Mäzen, der Apotheker Tem­pelhoff, wurde von Johann nach Berlin gezogen, der den Grund zu einer nicht unbedeutenden, später in die Nikolaikirche gelangten Gemälde­sammlung legte.

Je schwerer es dem Kurfürsten Johann aus wirtschaftlichen Gründen wurde, große baukünstlerische Aus­gaben in Angriff zu nehmen, desto mehr entfaltete sich ein lebhaftes künst­lerisches Leben in den Kleingewerben.. Schon 1483 war aus einer Berliner Offizin ein Druckwerk hervorgegangen, das sogenannte Pestregiment des kur­fürstlichen Rates Schwestermiller, das die neue Erfindung auch künstlerisch Abb. 6 2 . Aus dem Marienpsalter von Lehnin. gestalten suchte, wahrscheinlich

ging mit dieser neuen Kunst eine regere Tätigkeit auch in anderen märkischen Städten einher, mindestens wird der früheste Frankfurter Druck von 4502 kaum ohne Vorgänger entstanden sein. Der 1493 in Lehnin geschaffene Marienpsalter (Abb. 62) mit seinen beinahe 500 zählenden Holzschnitten zeugt von den künstlerischen Hoffnungen, die sich an die Erfindung des Buchdrucks knüpften. Die Zeichnungen stehen noch ganz in der stilistischen Be­fangenheit der gotischen Tafelmalerei, sie überragen aber die gleichzeitigen Kleinmalereien an Frische der Erfindung und an seelischem Inhalt ganz bedeutend. Die nicht zu über­sehende Starrheit der Ausführung wird gemildert durch die sichere und klare Kompo-