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merkenswert, der eine solche künstlerische Weihe der Verstorbenen für notwendig hielt. Freilich liegt kein zwingender Grund vor, die märkische Urheberschaft, abzulehnen. Haben wir doch selbst an Hofe Joachims I. schon besoldete Maler! Ein Italiener, Johann Battista, der zugleich in festen Beziehungen zu dem pommerschen Fürstenhofe stand, malte das Bildnis der Markgräfin Katharina von Tüstrin, ein Werk,' dessen künstlerische Qualitäten freilich nicht so hoch sind, wie die dafür geforderte Summe von 110 Talern, die allerdings infolge von Verhandlungen stark ermäßigt wurde. Auch eine in Lehnin aufbewahrte Darstellung der Ermordung des Abtes Sibold zeigt ein nicht gewöhnliches Können.
Vergegenwärtigen wir uns die Lage beim Tode Joachims I. noch einmal kurz, dann sehen wir eine langsame, aber durch außergewöhnliche Taten nicht unterbrochene Festigung der künstlerischen Bestrebungen, die vor dem Eintritt der Hohenzollern mehr und mehr durch das Erstarken und Eintreten der Städte aus dem geistlichen Kreise herausgetreten und verweltlicht wurden. Es macht sich dabei eine entschiedene Wandlung dahin bemerkbar, die künstlerischen Elemente der Gotik durch einen gewerblichen Betrieb festzuhalten und zum Gemeingut mindestens der städtischen Bevölkerung zu machen. Wenn auf der einen Seite ein handwerklicher Betrieb auch durch Einfügen fremder Volkselemente in den Stadtkörper gewisse Neuformen annahm, dann blieb die Formentradition der Gotik auf der anderen Seite um so fester gewahrt, als die handwerkliche Einengung auf das Beharren innerhalb dieses Formkreises drang — so stark, daß er später bei dem unvermeidlichen Abfließen auf das Land noch lange Zeit in den Dörfern am Leben blieb. Dann vollzog sich indessen aber auch darin eine Wandlung, daß infolge des Einwachsens des Herrscherhauses in die Mark, das besonders seit Johann und dem s. Joachim sich vollzieht, das Übergewicht eines Stadtwesens, Berlins, vorzubereiten begann. Nicht etwa demonstrativ, wie es früher trotz aller bescheidenen Anfänge an den Fürstensitzen der anhaltischen Fürsten der Fall war, sondern zögernd, fast ungewollt, drängte sich die Kunstausübung in Berlin zusammen, begünstigt von der müden Tatenlosigkeit an anderen Dynastenstädten und selbst in Städten, wie Brandenburg und Frankfurt, die in ihrer Bevölkerung doch gewiß Kräfte für einen Wettbewerb mit Berlin hatten. Was aber schließlich den Ausschlag für Berlin-Tölln gab, war das selbstverständliche Zusammendrängen einer gutsituierten Beamtenbevölkerung am Hofe, das die Notwendigkeit für viele größere Bauaufgaben mit sich brachte. Diese an sich ruhige und wohl auch bescheidene Tatsache gab aber dem gesamten künstlerischen Leben einen Austrieb, als von außen her eine Wandlung des künstlerischen Lebens eintrat.
Die Renaissance Joachims II.
Was seit einem Jahrtausend nur das geistige Besitztum einzelner gewesen war: Die Erkenntnis, daß auch außerhalb der fast hermetisch abgeschlossenen kirchlichen Überlieferung mit ihren einseitigen Grundsätzen, Ausblicken und Dogmen, sich eine alte allgemein menschliche Geisteskultur gestaltet hatte, wurde seit der Erfindung der Buchdruckerkunst zu einem Gemeingut der abendländischen Völker. Nicht die Ursache dieser