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Bauernkunst vorhanden — aber verknöchert und maniriert infolge der handwerklichen Betriebsamkeit.
Voller strömte die Renaissancebewegung erst in der zweiten Hälfte der Regierungs- zeit Joachims ins Land. Besonders die Baukunst Sachsens ist hier vielfach Ausgang geworden, die in Wittenberg, Torgau und Dresden größere Aufgaben zu lösen hatte, ferner aber auch die Werke der Malerei, deren Hauptvertreterin, die Cranachschule in Wittenberg, nach Berlin einen ständigen Absatzweg fand, während sie ihren Einfluß nach Süden bald an der einflußreicheren Wirksamkeit der Dürer und Holbein eine Schranke fand; ja, sie drang über die märkischen Städte in die hanseatischen Küstengebiete der Ostsee und gefährdete hier sogar die ältere Macht der Holländer, wir stark der Import Cranachscher Bilder gerade nach Berlin war, bezeugt die große Anzahl von Bildern, die noch heute an verschiedenen Stellen der Reichshauptstadt vorhanden sind. In St. Nikolai, dem Campo Santo Altberlins nach Borrmann, finden wir eine Beweinung Christi, in der Klosterkirche eine Kreuzabnahme, eine Darstellung des Abschiedes Christi von den Frauen von 152 1, eine Anzahl von Passionsbildern im Königlichen Schloß und im Alten Museum.
Joachim II. setzte diese Begünstigung der Malerei fort; ja er vermehrte die Zeugnisse dieses Interesses noch durch eine Sammlung von Kunstgegenständen und Raritäten, eine Kunstäußerung, für die er in dem wirken des oben genannten Tempelhoff ein Vorbild hatte. Energischer war indessen seine Betätigung bei der Ausstattung des Domes, der Berliner Hofkirche, die 1536 in einer, wenn man gleichzeitigen Berichten Glauben schenken darf, geradezu glänzenden Weise erfolgte. Leutinger erzählt von goldenen Statuen Christi und der Jungfrau Maria, von silbernen Aposteln, kostbaren Teppichen, Gefäßen und anderen, dem Kultus dienenden Kunstgegenständen. In solcher weise konnte sich nur ein Fürst betätigen, der mit wahrhaft vorurteilslosem Geiste seine Kraft in den Dienst der Kunst stellte, der aus innerem Antriebe und energischem wollen auch dieser prunkenden Kunst in weitestem Maße eine Stätte in seiner Residenz bereiten wollte. Das ist allein eine Tatsache, die die ferne Wirkung der, auf italienischem Boden erwachsenen, durch die Reformation nordisch geglühten Renaissancebewegung in vollster Wirkung zeigt.
Seine Haupttätigkeit setzte aber erst ein, als er das Schloß in Cölln umbaute, das noch aus den Tagen Friedrichs II., des Eisenzahn, als eine Zwingburg den trotzigen Berlinern vor das Tor gesetzt worden war, das wohl kaum besonderen Anforderungen an Behaglichkeit und künstlerischer Ausbildung entsprach, wenn es auch, nach dem trefflichen Mauerwerk zu urteilen, gewiß technisch auf der höhe feiner Zeit stand. Von der ältesten Anlage des Schlosses ist nichts bekannt; wir dürfen aber annehmen, daß es nach der Gewohnheit der Zeit eine viereckige Grundgestalt hatte, dessen vier Seiten allerdings kaum alle ausgebaut gewesen sind. Joachims Ambau geht auf sächsische Vorbilder zurück. In Dresden wurde 1530 der Georgsbau und in Torgau zwei Jahre später das prächtige Schloß Hartenfels erbaut, deren Einzelheiten auf enge Beziehungen zu dem Neubau des Berliner Schlosses Hinweisen. Eine altes Gemälde in dem Schlosse Tamsel (Abb. 63) gestattet uns einen Vergleich mit diesen beiden hervorragenden Renaissancebauten. Als Leiter des Baues wurde Caspar Theiß berufen, dessen Herkunft zwar noch nicht