Teil eines Werkes 
Bd. 4 (1916) Die Kultur / von Robert Mielke ...
Entstehung
Seite
83
Einzelbild herunterladen

83

Kunstausübung wird abhängig von dem Berliner Geschmack. Zunächst noch zögernd, da dem Fürsten nur möglich war, an einzelnen Orten vorbildlich einzugreifen; im folgenden Jahrhundert ist diese Wandlung aber vollzogen.

In allen städtebaulichen Vorgängen unter dem Großen Kurfürsten tritt ein starker ländlicher Grundzug hervor. Das ist vielleicht eine der Ursachen, daß er bei den Alt­städten Berlin und Cölln oder in anderen wie Frankfurt und Brandenburg a. H. die vorhandene Anlage nicht antastete. Seine landschaftliche Stimmung würde dadurch doch nur unvollkommen befriedigt worden sein. Darum wandte er sein Interesse lieber Neu­anlagen zu, die auch seinen Architekten und Ingenieuren dankbarer erscheinen mußten. Als eine der folgenreichsten Äußerungen dieser Vorliebe ist es aber zu buchen, daß jetzt in der Provinz Brandenburg zuerst künstlerische Gärten und Parks angelegt wurden.

Abb. 80 . Schwedt a. d. O.

Nach einem alten Stiche. (Bergau,Inventar der Bau- und Kunstdenkmäler".)

Die holländische Richtung, das Angenehme mit dem praktischen zu verbinden, ist auch hier maßgebend, aber nicht bestimmend für die gärtnerische Anlage. Vor allem wird in der Gartenkunst die straffe Disziplinierung der Kunst, die wir schon in der Stadtanlage herrschen sehen, zu einem hervortretenden Grundsatz. Streng geometrische Einteilung der Reihen mit ornamentaler Zusammenstellung der Blumenbeete, vorsichtiges, ja spär­liches Pflanzen von Bäumen darunter vieler fremdländischer oder ihr Zusammen­fügen zu mauerhohen geschnittenen Hecken, ferner die üppige Verteilung von Statuen, Wasserspeiern und anderem Bildwerk, und schließlich die strenge Anlehnung an die um­gebende Architektur sagen es deutlich genug, daß nicht der Gemüsegarten die Hauptsache, sondern die Anwendung des im Stadtbau und Architektur zur Herrschaft gelangten Grund­satzes der Festungsingenieure ist, alles Künstlerische als eine plastische Form zu behandeln und jede Erscheinung in Abhängigkeit von der anderen zu lassen. Wir wollen uns über die Gefährlichkeit einer solcher Kunstpflege nicht täuschen ; denn sie muß letzten Dinges zur Knebelung der natürlichen Landschaftsform, zur Wanier und Unnatur führen; aber

s*