84 —
andererseits liegt in dem Einsetzen einer solchen, zum großen Teil selbstherrlichen Kunstrichtung unmittelbar nach dem bösen Kriege vielleicht die große erzieherische Kraft, die allein wieder künstlerisches Leben in weiten Kreisen erwecken konnte, in denen es mangels jeder Überlieferung und Übung vielleicht erstorben wäre, wie es das letzte Drittel des vorigen Jahrhunderts gerade in Brandenburg durch den Mangel einer jeden künstlerischen Empfindung bewiesen hat.
In Berlin erstand 1646 — 1650 der Lustgarten fast unvermittelt aus der Wildnis des dem Schlosse nördlich vorgelagerten Geländes, weniger den Bürgern als Vorbild, als zur Benutzung geschaffen oder als ersteres nur so weit, als gerade dieser Garten Baumund Fruchtpflege in dem Lande anregen sollte. In gleicher Weise erstanden zum Teil sogar unter größeren Meliorierungsarbeiten der Garten in Potsdam, dann die Schloßgärten in Charlottenburg, Cöpenick und Schwedt a. O., wo er auch erfolgreich den bürgerlichen Garten beeinflußte. Die eigentlich architektonische Tätigkeit nach dem
Friedensschlüsse hebt mit Erneuerungsarbeiten am kurfürstlichen Schlosse zu Cölln an. Gebaut ist an ihm auch während der Kriegszeit, indessen sind diese Arbeiten kaum von größerem Umfange gewesen. Wir haben das Schloß unter Niuröns Leitung auf die Größe seiner heutigen Ausdehnung kommen sehen; doch waren die den westlichen Hof umschließenden Gebäude nur unansehnliche Wirtschaftshäuser. Nach Niu- rons Fortgang werden als Schloßarchitekten genannt: Giovanni Bat- tista Sala, der uns schon begegnet (S. 77) und 1624 gestorben ist, ein Dresdener Baumeister Balthasar Benzell 1605 und 1629, Bartel Bauer 1622—1640 und Christoph Friedrich Schmidt von 1642 an. Erst mit Johann Gregor Memhard, der an dem Bau der Altane die holländische Renaissance in Berlin einführt, der aber zu größerem Wirken an dieser Stelle nicht kam, setzt eine frischere Tätigkeit ein. Auch des Piemontesen Philipp de Chiezes Arbeiten können nur unbedeutend gewesen sein, da er von 1661—1673 die gewaltigen Festungswerke zu errichten hatte. Als namhafter Bauleiter tritt uns aber der Holländer Michael Matthias Smids entgegen, der im Verein mit Nehring1) gegen Schluß der Regierung Friedrich Wilhelms den berühmten Alabastersaal erbaute, der uns noch beschäftigen wird, und die Bibliothek im Anschlüsse an die ältere Schloßapotheke 1687 begann (Abb. 82 u. 83).
Die Architektur schlug neue Bahnen ein. Wie wir gesehen haben, zog der Große Kurfürst hauptsächlich Holländer an seinen Hof, um die notwendigen baulichen Aufgaben in Angriff zu nehmen. Gern folgten die großen holländischen Ingenieure, 1 ) Über Nehring, Zentralblatt der Bauverwaltung XV, Nr. 45.
Abb. 8 .. Schloß Oranienburg.
Noch Aufnahme von Hofphotograph L. Alb. Schwartz. Berlin NW. 87.