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Werken (Abb. 84). Es verbindet mit der architektonischen Klarheit des Aufbaues eine sehr geschickte Anordnung der Figuren. Nur der obere Teil mit seinen sechs Figuren, die wohl einer anderen Hand zuzuweisen sind, will nicht mit dem großen Auge zusammenstimmen. Ob aber die Autorschaft des Quellinus begründet ist oder nicht; jedenfalls hat dieses Denkmal einen großen Einfluß auf spätere Grabdenkmäler ausgeübt (Abb. 85).
Gegen diese mit der Architektur verbundene Bildhauerkunst hatte die Malerei einen schweren Stand, obwohl auch sie von dem Kurfürsten durchaus begünstigt wurde. Es scheint, als ob die persönliche Neigung des Fürsten, die Ereignisse in seiner Familie und in der Geschichte seines Landes duxch die Kunst dauernd zu erhalten, auch der Malerei anfangs räumlich bedeutende Aufgaben in den Annenräumen zugewiesen habe; indessen werden die großen Bilder mit der Zeit kleiner. Es zeigte sich wohl, daß bei der Konkurrenz der drei Schwesterkünste der Architektur der Vorrang gebühre, daß indessen bei dem engeren Wettbewerb zwischen Malerei und Plastik eine ästhetische Gleichheit nicht herzustellen war. Die Darstellung der Vermählung des Kurfürsten mit der Prinzessin von Granien von einem unbekannten Maler und ihre Wiederholung von
Willeboirts, einem in der Schule van Dycks gebildeten Maler, stehen räumlich noch an der Spitze. Auch waren die künstlerischen Kräfte der Maler nicht imstande, dem derben Realismus der Bildhauer erfolgreich an die Seite zu treten.
An der Malerei walteten mehr die Einflüsse der Rubensschen Schule als der van Dyckschen und entfalteten sich auf dem brandenburgischen Boden zu einem Pathos, das nicht zum geringsten Teile seine Anregungen dem französischen Klassizismus verdankte. An den späteren Lebensjahren bevorzugte der Kurfürst geradezu diese Richtung, die sich nur schwer mit der anders gearteten Bildhauerei vereinigen ließ; sie stand weder formal auf der Höhe, noch verstand sie es inhaltlich tiefere Stimmungen auszulösen. An den allegorischen Deckengemälden des Potsdamer Stadtschlosses von Thulden, Vanloo und Vaillant (vielleicht auch von Leygebe) waltet ein durchaus antiker, aber inhaltlich leerer Geist, der eigentlich nur von dem Standpunkte einer starken persönlichen Prachtliebe aus gewürdigt werden kann. Dennoch konnten diese niederdeutschen Künstler ihre heimatliche Natur nicht ganz verleugnen; immer noch dringt durch das antike Gewand die behäbige Breite der holländischen Natur hervor. Der antikisierende Humanismus trug hier ein schlichtes Gewand.1)
Die Maler befanden sich einer Wirklichkeit gegenüber, die infolge der seit mehr denn einem Aahrhunderte erfolgten Einfuhr italienischer Geisteskultur durch und durch mit humanistischen, vorzugsweise antik-mythologischen Erinnerungen getränkt war, die aber den auf dem Boden der Wirklichkeit stehenden Malern doch nur reale, menschlich begreifbare Wesen blieben. Die Fabel- und Dämonenwesen, die sich arabeskenartig noch durch die Kunstrichtung der beiden Aoachims ziehen, sind jetzt ausgestorben und ersetzt worden von den Persönlichkeiten des antiken Götterkonvents. Aber sie sind ihrer Göttlichkeit entkleidet und nehmen auf den Allegorien der Künstler als Abkömmlinge entfernt stehender Gewalten einen Platz ein, der sie zu untergeordneten Wesen stempelte. Ein solche rein attributive Stellung mußten sich auch die Maler am Hofe des Kurfürsten
1) Galland, Der Große Kurfürst von Brandenburg. Neues über sein Verhältnis zur bildenden Kunst. Repertorium für Kunstwissenschaft XlV, 5. 8g ff.