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Aus den Fürsten übten jedoch solche Äußerungen keinen Einfluß aus, er ließ sich nicht stören in der Berufung fremder Kunstgewerbler, die er tatkräftig bei der Einrichtung von Geschäften oder Fabriken unterstützte. Dadurch sind auch Künstler nach Brandenburg gekommen, die zwar nicht durch größere Leistungen bekannt sind, die aber doch nicht unerheblich an der Erstarkung der künstlerischen Kultur beteiligt sind. So sind die früher aus Böhmen bezogenen Glaswaren von den Erzeugnissen der Brandenburger Hütten (Hüttendorf, Chorin, Pfaueninsel usw.) verdrängt, für die auch geschickte Schleifer, Maler und Bergolder gewonnen wurden. 1678 unterstützte der Fürst die Gründung einer Fayence-Fabrik für Delfter Waren in Potsdam, die später nach Berlin kam und Bedeutendes leistete. Daß auch der Bronzeguß wieder aufblühte, wird durch die gerade in dieser Zeit recht zahlreichen Gießernamen belegt, die auf märkischen Glocken erscheinen.
Eine der interessantesten Künstlerpersönlichkeiten ist Gottfried Leygebe, ein gebürtiger Schlesier, der in Nürnberg die
Kunst des Eisenschneidens mit Erfolg betrieb. Nach mehreren vergeblichen Bemühungen gelang es dem Großen Kurfürsten, ihn 1667 nach Berlin zu ziehen, wo er neben einer Anzahl hervorragender Bildnisse des Fürsten, darunter eine aus Eisen geschnittene Statuette seines Herrn,1) besonders zahlreiche und künstlerisch hervorragende Medaillen schuf. Durch Entwerfen von Modellen und Mustern hat gerade dieser Mann einen außerordentlichen Einfluß aus die Glashütten, Bronzegießer, Steinschneider, Drechsler, Goldschmiede u. a. Handwerker ausgeübt.
Durch diese Einwanderer vollzieht sich während der Regierung des Großen Kurfürsten der große Wandel, durch den die Hauptstadt in jeder Beziehung tonangebend für die Kunst wurde. Hier wirkten die vielen fremden Künstler, von hier auch gingen sie im Aufträge des Landesherrn in die Städte und Dörfer, um hier bestimmte Bauaufgaben (Schlösser in Caputh, Cöpenick, Schwedt a. G. u. a.) zu lösen, oder um hier Einfluß aus die Kunstindustrie zu gewinnen. Zm einzelnen sind wir wenig von den Vorgängen dieser Art unterrichtet. Wenn man die Denkmäler der Provinz über- sieht, dann scheint gerade unter der Regierung des Großen Kurfürsten wenig geschaffen worden zu sein; wo solche Werke nachweisbar sind, da lassen sie auf den Einfluß
1) Heute in der Skulpturen-Abteilung der Kgl. Museen.
Abb. 88. Altar in Amt Neuendorf bei Oderberg.