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Bd. 4 (1916) Die Kultur / von Robert Mielke ...
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einstimmung von Architekten und ausführenden Künstlern unerläßlich ist. Man wird ihre Arbeit, die im Grunde genommen nur handwerksmäßig war und in einer schwül­stigen Allegorie, einer rein schematischen Häufung von zeitgemäßen Attributen wie Lorbeer, Trophäen und mythologischen Verkörperungen bestand, kaum als besonders künstlerisch schätzen; aber sie wirkte doch der langsam aufsteigenden märkisch bürger­lichen Tradition erfolgreich entgegen, brachte sie auch zum Stillstand und bahnte dadurch dem kommenden brandenburgischen Barock Schlüters den Weg.

Durch den Großen Kurfürsten war eine Anzahl führender Architekten nach Berlin gekommen, die, von Hause aus Festungsingenieure, in den Anschauungen dieses Sonder­faches erzogen waren. Daß unter seinem Nachfolger mehr und mehr das reine Künstler­tum zur Geltung gelangte, war zum Teil in der politischen und allgemeinen Entwicklung begründet; aber es wurde andererseits auch außerordentlich gefördert durch die persön­liche Neigung des Fürsten und seiner anfeuernden rastlosen Energie für die glänzende Außenseite feines herrschertums. Seines Vaters künstlerische Neigungen gingen auf eine würdige, repräsentative Verherrlichung seines Hauses; Friedrichs Bestrebungen indessen hatten einen stark politisch-dynastischen Einschlag, der nicht unbeeinflußt von dem Geiste Ludwigs XIV. war, der aber durch die Entwicklung der Hauptstadt Berlin begünstigt wurde. Stieg doch die Einwohnerzahl innerhalb seiner Regierung von 20 000 auf 62 000 Einwohner! Als Berlin 1701 zur Hauptstadt des Königreiches wurde, mußte sich dies naturgemäß in einer gründlichen Umwandlung auch seines Schaubildes äußern.

Freilich erfolgte diese Umwandlung nicht schroff und nicht im Gegensatz zu den Anlagen des Großen Kurfürsten. Im Gegenteil! Es waren die Linien der Stadt­weiterung dieses Fürsten von einer solchen künstlerischen Sicherheit, daß sie auch unter seinem Nachfolger noch die Bautätigkeit beherrschten. Die Planung der Vorstädte war mit einem weit in die Zukunft schauenden Blicke erfolgt; nur der Ausbau der bereits vorgezeichneten Linien blieb seinem Nachfolger überlassen. Aber dieser erfolgte in einem so hervorragenden künstlerischen Geiste, daß Friedrich der eigentliche Schöpfer des könig­lichen Berlin geworden ist. Die mittelalterliche Stadt, die durch die geraden Straßen und regelmäßigen Plätze des Vorgängers nur schüchtern angetastet wurde, wurde jetzt durch den Ring neuer Vorstädte völlig eingeschnürt. Und in diesen Vorstädten trat zum ersten Male die Landschaftskunst erfolgreich an die Seite der Baukunst. Nicht die länd­lichen Schlösser und Ruhesitze dieser Zeit, Schloß Monbijou, Charlottenburg, das nun­mehr längst verschwundene Belvedere in der Holzmarktstraße, die Schlösser in Schönholz, Lichtenberg und Friedrichsfelde sind die einzigen Zeugnisse dieses Herausdrängens aus engen Festungsmauern; auch die Anlage großer Baumalleen und breiter Flußwege waren in diesem Sinne Vorläufer einer neuen Städtekunst, die im Innern durch die vielen königlichen und bürgerlichen Neubauten erfolgreiche Beweise ihrer Lebensfähigkeit gab.

Noch lebten und wirkten unter dem neuen Herrscher die alten und bewährten Künstler seines Vorgängers, die zum Teil erst in Berlin ihre höchste künstlerische Kraft entwickelten. Es entsprach dem künstlerischen Wollen des neuen Herrschers, die weitere Entwicklung in die Hände gefeierter Künstler zu legen, die bereits außerhalb des Landes Beweise hoher Begabung geliefert hatten. So sehen wir, daß Männer wie Schlüter, Eosander, de Bodt, Blondel u. a. in den Dienst des brandenburgischen Kurfürsten treten, um