Teil eines Werkes 
Bd. 4 (1916) Die Kultur / von Robert Mielke ...
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äußerlichen Wucht, aber mit weniger Verständnis für ihren attributiven Inhalt zu folgen wußte. Ohne Zweifel aber ist die von Nehring ausgeübte Kunstrichtung für ihn selbst nur günstig gewesen, weil sie ihn hinderte, die Grenzen seines Talentes und seiner künstlerischen Fähigkeiten zu überschreiten. Fraglich ist es immerhin, ob Nehring im anderen Falle sich den gestellten Aufgaben gewachsen gezeigt hätte, die ein festes Gegengewicht gegen einzelne impulsive Künstler des Hofes de Bodt, der 1700 in den Dienst des Kurfürsten trat, in erster Reihe bildeten. Keiner Frage aber bedarf es nach Kenntnis der künstlerischen Lage in Berlin, daß ohne den mäßigenden Einfluß Nehrings und ohne die dadurch herbeigeführte Zügelung dieser jüngeren Kräfte die Kunst sich nicht hätte m der Einheit durchsetzen können, die in den ersten Jahren der Regierung des Kurfürsten zu bemerken ist. Schon wenige Jahre nach Nehrings Tode er starb 1695, ein Jahr nach der Berufung Schlüters änderte sich die gesamte künstlerische Richtung in Berlin; aber es zeigte sich

Abb. 91. Zeughaus.

Nach Borrmann,Bau- und Kunstdenkmäler von Berlin".

jetzt, daß die Nehringsche Kunst wohl eine freiere, individuelle Erweiterung vertrug, daß sie aber mildernd und ausgleichend nachwirkte und nicht schroff und plötzlich in eine andere Kunstanschauung überschlug.

Schlüters Berufung stand im Zusammenhangs mit der beabsichtigten Gründung der Akademie, die 1695 beschlossen, die aber erst vier Jahre später eingeweiht wurde, als der künstlerische Berater des Kurfürsten, der Minister Eberhard von Danckelmann, fern von Berlin in unschuldiger Haft saß. Dessen strenger Ernst und klarer Blick fehlten bei dieser, für Berlin und Brandenburg so wichtigen Einrichtung; aber seine Vorarbeiten haben wenigstens beigetragen, die im Sinne der Zeit hervorragenden, für die Dauer meist unfruchtbaren Künstler an diese Anstalt zu berufen. Von Malern wurden Samuel Theodor Gericke, P. Leygebe, den wir schon früher kennen gelernt haben, Adam de Klerck, Belau, Peter de Coxcie, Wenzel und vor allem die beiden Akademiedirektoren Augustin Terwesten und Joseph Werner berufen; vorübergehend waren tätig der Hol­länder Schoonjans, Cornelisz Begeyn oder Bega, der Tier- und Landschaftsmaler Michael,

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