Teil eines Werkes 
Bd. 4 (1916) Die Kultur / von Robert Mielke ...
Entstehung
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eine völlige Wandlung des Geschmackes herbei, wenn sie auch theoretisch bereits vor­bereitet war. Denn schon hatten eine Reihe reich illustrierter Architekturbücher, die meist von französischen Künstlern herausgegeben waren, das Verständnis für eine strengere Archi­tektur im Sinne Vitruvs und Palladios geweckt. Das bedeutsamste Denkmal dieser schul­gemäßen Richtung war das von de Bodt an der Stechbahn errichtete Gebäude, das den Geist dieser rein akademischen Kunst fast bis zum Aufgeben jeder persönlichen Stimmung zeigt (Abb. 92). Auch das Zeughaus war allem Anschein nach in einer solchen, wenn auch weit anmutigeren, aber strengen Art geplant, die nach Schlüters Entwurf malerisch gemildert werden sollte, die aber schließlich durch de Bodt wieder in einer freieren Auffassung siegte. Schlüters Wirksamkeit beschränkte sich in der ersten Zeit auf seine Lehrtätigkeit an der Akademie, deren Mitleiter er bald wurde, auf bildhauerische Arbeiten für das Zeug­haus und das Schloß in Charlottenburg. Entwürfe für das Zeughaus und vielleicht

Abb. 93. Schlüters Entwurf für das Schloß in Berlin.

Nach einem Stich von Blesendorf.

auch für das letztgenannte Schloß der Königin Sophie Charlotte fanden offenbar nicht die Billigung des Kurfürsten. Erst mit der Berufung Wartenbergs zum Minister er­weiterte sich seine Berliner Tätigkeit nach dieser Seite hin. Es entstand für den Minister die sogenannte Alte Post an der Burgstraße, ein noch recht unfreies, aber im einzelnen wieder aus jeder Schulung heraus gelöstes Bauwerk.

Man muß über die Bautätigkeit am Hofe zu Ende des 1 7 . Jahrhunderts staunen. Neben Kräften, die nur in Registraturen festzustellen sind, wie dem früh verstorbenen und anscheinend begabten Christian Eltester, oder reinen Theoretikern wie dem Professor der Baukünste in Frankfurt a. d. O. Leonhard Sturm1) und dem erwähnten J. B. Broebes, finden wir den schon unter dem Großen Kurfürsten tätigen Martin Grünewald, Joh. de Bodt, Eosander von Goethe und schließlich auch Schlüter; alle fanden reichlich zu tun und wurden auch gut bezahlt. Das größte Werk jedoch, das gewissermaßen nach außen hin die erwartete und erstrebte Königskrone in einer baukünstlerischen Tat verherr­lichen sollte, der Neu- und Ausbau des Schlosses, fiel Schlüter zu. Hier konnte er seine

h Näheres über den Einfluß dieses Mannes auf die Kunst seiner Zeit bringt E. Gurlitt in Geschichte des Barockstiles und des Rokoko in Deutschland. Stuttgart 1889.